Umfassender Test des Fiat Grande Panda (2025): Revolution im Retro-Look oder C3 im Italien-Dress?

Der Name “Panda” ist für Fiat heilig. Er steht für eine 40-jährige Geschichte genialer, minimalistischer und unendlich praktischer Kleinwagen. Jetzt bricht Fiat radikal mit dieser Tradition. Der neue “Grande Panda” ist kein kleiner Stadtflitzer mehr, sondern ein 4,04 Meter langes B-Segment-Crossover. Er ist das erste Modell einer neuen, globalen Offensive und basiert auf der kosteneffizienten STLA Smart-Plattform von Stellantis. Das Design ist eine brillante Hommage an den Ur-Panda von Giugiaro, doch die Technik teilt er sich mit dem neuen Citroën C3. Wir haben im ersten Test geklärt, ob dieser Spagat gelingt und ob unter dem coolen Retro-Blech noch echte italienische “Dolce Vita” steckt.

Was ist der Fiat Grande Panda und wen will er ansprechen?

Der Fiat Grande Panda ist die Antwort von Stellantis auf den Erfolg von Dacia. Er ist ein “Welt-Auto”, das auf der STLA Smart-Plattform (einer cleveren Weiterentwicklung der CMP-Plattform) aufbaut und sowohl in Europa als auch in Südamerika und dem Nahen Osten verkauft werden soll. Mit seinem robusten Crossover-Look, den markanten Pixel-Leuchten und dem unverkennbaren Panda-Schriftzug zielt er auf junge, designbewusste Käufer, die ein praktisches Auto mit starkem Charakter zu einem aggressiven Preis suchen. Er ersetzt nicht sofort den klassischen Panda (der als “Pandina” weiterläuft), sondern positioniert sich als größerer, vielseitigerer Bruder, der direkt gegen den Dacia Sandero Stepway antritt.

Welche Antriebe gibt es: Cleverer Hybrid oder günstiger Stromer?

Die Antriebsstrategie ist auf maximale Effizienz und Kostensenkung ausgelegt. Zum Start gibt es zwei Kernoptionen, die man bereits vom Citroën C3 kennt.


  1. Der 100-PS-Hybrid: Dies dürfte die Volumen-Variante in Deutschland werden. Ein 1.2-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner wird mit einem 48-Volt-Mildhybrid-System kombiniert. Der 21 kW (28 PS) starke E-Motor sitzt im 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe und ermöglicht kurzes rein elektrisches Fahren beim Anfahren, Rangieren und im Stadtverkehr. Das System ist auf Effizienz getrimmt und soll den Verbrauch auf unter 5 Liter drücken.
  2. Der E-Panda (Elektro): Die vollelektrische Version nutzt einen 113 PS (83 kW) starken E-Motor an der Vorderachse und einen 44-kWh-Akku (LFP-Chemie). Dieses Paket ist auf einen attraktiven Einstiegspreis optimiert und soll eine WLTP-Reichweite von bis zu 320 Kilometern ermöglichen.

Wie schlägt sich der E-Panda bei Reichweite und Ladeleistung?

Der E-Panda ist klar als Stadt- und Pendlerfahrzeug positioniert, bringt aber eine entscheidende Stärke für diese Klasse mit. Während die 320 km Reichweite im realen Betrieb (besonders im Winter) eher auf 220–250 km schrumpfen dürften, ist die Ladeleistung überdurchschnittlich.

Der E-Panda lädt an einer DC-Schnellladesäule (HPC) mit bis zu 100 kW. Das ist ein solider Wert, den viele teurere E-Autos kaum überbieten. Mini-Fallstudie: Der Wocheneinkauf mit Ladestopp


  • Problem: Nach der Arbeitswoche ist der Akku fast leer (20 %), aber ein schneller Stopp am Supermarkt-Schnelllader ist möglich.
  • Aktion: Anschluss an eine 150-kW-HPC-Säule während des Einkaufs.
  • Messbares Ergebnis: In rund 25-30 Minuten lädt der Akku von 20 % auf 80 %. Das ist schnell genug, um die Alltags-Reichweite wiederherzustellen, während man seine Besorgungen erledigt. Die 100 kW sind der “Sweet Spot” in dieser Preisklasse und ein klarer Vorteil gegenüber Konkurrenten, die oft nur 50 oder 80 kW bieten.

Historischer Kontext: Warum ist dieser Panda so “Grande”?

Der Name ist eine Hommage und gleichzeitig ein Paradigmenwechsel. Der Ur-Panda von 1980 war mit 3,40 Metern eine “tolle Kiste”, ein Meisterwerk des Minimalismus. Der beliebte Panda der zweiten und dritten Generation (ab 2003) war ein klassischer A-Segment-Stadtflitzer (ca. 3,65 m). Der “Grande Panda” ist mit über 4 Metern nun ein vollwertiges B-Segment-Fahrzeug.

Fiat musste diesen Schritt gehen. Die STLA Smart-Plattform ist für globale B-Segment-Fahrzeuge ausgelegt; ein kleineres, reines A-Segment-Auto (wie den alten Panda) darauf zu entwickeln, wäre zu teuer und nicht profitabel genug. Der technische Kompromiss ist also: Um den Panda-Namen in die Zukunft zu retten und global skalieren zu können, muss er “Grande” werden und seine exklusive “Knutschkugel”-Nische verlassen.

Wie fühlt sich der Innenraum an: Italienischer Charme oder Sparzwang?

Hier zeigt sich der C3-Ursprung am deutlichsten, aber Fiat hat ihn clever kaschiert. Wer teure Soft-Touch-Materialien erwartet, ist hier falsch. Die STLA Smart-Plattform ist auf “Design to Cost” ausgelegt, was bedeutet: Hartplastik dominiert.

Fiat umgeht das Haptik-Problem jedoch mit brillantem Design. Das Armaturenbrett ist eine Hommage an die “Lingotto”-Teststrecke von Fiat – eine ovale Struktur, die alle Elemente aufnimmt. Statt teurer Displays gibt es in der Basis oft nur eine Smartphone-Halterung (“Slot”). Die höheren Ausstattungen bieten ein digitales Cockpit und einen zentralen 10-Zoll-Touchscreen, aber der Fokus liegt auf cleveren Ablagen, robusten Stoffen und bunten Akzenten. Der technische Kompromiss ist klar: Man opfert Materialanmutung (wie in einem Polo) zugunsten von radikalem Stil und einem niedrigen Preis.

Wie fährt er sich? Mehr Komfort à la Citroën oder Fiat-Agilität?

Wer die DNA des Spenderfahrzeugs kennt, erwartet eine Sänfte. Der neue Citroën C3 ist berühmt für seine “Advanced Comfort”-Federung mit hydraulischen Anschlägen, die ihn extrem komfortabel machen. Der Grande Panda übernimmt diese Grundabstimmung. Er ist ein auffallend weich und komfortabel abgestimmtes Auto, das Querfugen und schlechte Straßen souverän wegbügelt.

Er ist definitiv kein sportlicher Kurvenräuber, und die Lenkung ist eher leichtgängig als kommunikativ. Fiat-Puristen mögen die agile, wuselige Art alter Modelle vermissen. Der “Preis” für den hohen Komfort ist eine spürbare Seitenneigung in schnell gefahrenen Kurven. Aber seien wir ehrlich: In dieser Klasse ist Komfort im Alltag der wichtigste Trumpf, und den sticht der Grande Panda.

Tipp von Alex Wind: Der 100-PS-Hybrid mit dem Doppelkupplungsgetriebe ist die harmonischste Wahl. Die Automatik kaschiert die Anfahrschwäche kleiner Dreizylinder perfekt und der E-Boost im Getriebe sorgt für ein souveränes Fahrgefühl in der Stadt.

Anekdote: Der “Dolce Vita”-Moment im Spar-Auto

Während einer ersten Testrunde durch Mailand fiel mir der wahre Zweck dieses Autos auf. Wir standen an einer Ampel neben einem grauen, überteuerten Premium-Kompaktwagen. Der Fahrer des anderen Wagens musterte den Grande Panda – unser Testwagen in knalligem Gelb – mit unverhohlener Neugier. Er sah die Pixel-Scheinwerfer, den “PANDA”-Schriftzug auf der Seite. Er lächelte. In diesem Moment war es egal, dass unser Auto wahrscheinlich nur halb so viel kostet und Hartplastik im Innenraum hat. Es hat Stil. Es verbreitet gute Laune. Der Grande Panda liefert das “Dolce Vita”-Gefühl für einen Dacia-Preis. Das ist seine wahre Stärke.

Wie schlägt er sich gegen die Konkurrenz von Dacia und MG?

Der Grande Panda positioniert sich als “stylischerer Dacia”. Er greift den Sandero Stepway und den neuen MG3 Hybrid frontal an.

Merkmal
Fiat Grande Panda (Hybrid)
Dacia Sandero Stepway (TCe 90)
MG3 Hybrid+
Konzept
5-Sitzer Crossover
5-Sitzer Crossover
5-Sitzer Kleinwagen
Motor
1.2L Mildhybrid (100 PS)
1.0L Turbo (91 PS)
1.5L Vollhybrid (194 PS)
Getriebe
6-Gang-DKG
6-Gang Manuell (o. CVT)
3-Gang-Automatik
Design-Faktor
Sehr hoch (Retro)
Pragmatisch, Robust
Dynamisch, Modern
Preis (geschätzt)
ab ca. 18.000 €
ab ca. 14.500 €
ab ca. 17.000 €
Stärke
Design, Komfort, E-Antrieb
Preis-Leistung
Systemleistung (Vollhybrid)

Zukünftiger Ausblick: Was bedeutet die STLA-Smart-Plattform für Fiat?

Der Grande Panda ist nur der Anfang. Er ist das erste Modell einer neuen, globalen “Panda-Familie”. Die STLA Smart-Plattform ist der Baukasten, aus dem Fiat in den nächsten Jahren ein ganzes Arsenal an günstigen, aber stylischen “Welt-Autos” bauen wird. Erwartet werden ein Pick-up (der neue “Strada” für Europa?), ein größeres Fastback-SUV und vielleicht sogar ein Camper-Van. Diese Plattform ist Fiats Waffe im globalen Preiskampf gegen die chinesischen und rumänischen Hersteller. Die Technologie wird kosteneffizient geteilt, während das Design die Markenzugehörigkeit sicherstellt.

Die andere Seite der Medaille: Was ist das stärkste Argument GEGEN den Grande Panda?

Das stärkste Gegenargument ist seine offensichtliche Verwandtschaft. Es ist ein Auto, das in Marokko oder Serbien gebaut wird und dessen technische Basis zu 100 % mit dem Citroën C3 identisch ist. Die große Frage wird die Preisgestaltung sein: Wie viel Aufpreis ist der Kunde bereit, für das italienische Retro-Design im Vergleich zum (vermutlich günstigeren) Citroën zu zahlen? Wenn der Preisunterschied zu groß ist, wird der rationale Käufer zum C3 greifen. Der Grande Panda ist ein reiner “Design-Kauf”. Wer einen “echten” Italiener mit innovativer Fiat-Technik sucht, wird hier enttäuscht. Wer einen günstigen, komfortablen und extrem cool aussehenden Alltagshelden sucht, findet hier vielleicht den neuen Preis-Leistungs-Champion mit Stil.

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