Es ist offiziell: MINI hat die Lichter für den Clubman ausgeknipst. Im Februar 2024 rollte der Letzte seiner Art vom Band – eine “Final Edition” als zynischer Gruß zum Abschied. Damit endet die Geschichte eines Autos, das immer anders sein wollte. Vom ursprünglichen Mini-Kombi über den schrulligen Dreitürer der R55-Generation bis hin zum erwachsenen F54 mit sechs Türen. Ja, sechs. Die beiden “Split Doors” am Heck waren sein Markenzeichen, sein Alleinstellungsmerkmal, sein Segen und Fluch zugleich. Jetzt, wo er Geschichte ist und seine Rolle von den pragmatischeren Countryman und Aceman übernommen wird, stellt sich die Frage: Ist der letzte Clubman als Gebrauchter der ultimative Geheimtipp für Individualisten? Oder nur ein schrulliges Relikt mit teuren Macken?
Was genau war der letzte MINI Clubman (F54)?
Der MINI Clubman (F54), produziert von 2015 bis 2024, war die Kombi-Variante der dritten MINI-Generation. Er basierte auf der BMW UKL2-Plattform (wie BMW X1/X2, 2er Active Tourer) und war ein vollwertiger Kompaktwagen mit vier regulären Seitentüren und den charakteristischen zweiflügeligen Hecktüren (Split Doors). Er wurde mit Drei- und Vierzylinder-Benzin- und Dieselmotoren sowie optionalem Allradantrieb (ALL4) angeboten.
Weg war die bekloppte “Clubdoor” des Vorgängers, diese einzelne Selbstmördertür auf der falschen Seite. Der F54 war endlich ein erwachsenes Auto. Vier richtige Türen, mehr Radstand, mehr Platz. Er basierte auf der soliden BMW-Frontantriebs-Plattform, was ihm deutlich bessere Manieren und mehr Komfort als den kleineren MINIs verlieh. Er war der Gentleman im MINI-Portfolio. Der Kombi für Leute, denen ein Golf Variant zu langweilig und ein 3er Touring zu teuer war. Er war der Versuch, das MINI-Gefühl mit echter Alltagstauglichkeit zu kreuzen. Und das gelang ihm erstaunlich gut. Bis zu einem gewissen Punkt.
Warum wurde der Clubman eingestellt?
Die Produktion des Clubman endete im Februar 2024 ohne direkten Nachfolger. Gründe waren sinkende Verkaufszahlen im Vergleich zum profitableren Countryman SUV und die strategische Neuausrichtung von MINI auf eine rein elektrische Zukunft mit einer neuen Modellfamilie (Cooper, Aceman, Countryman).
Ganz einfach: Er hat sich nicht gut genug verkauft. So traurig es ist. Der Countryman hat ihm als praktischerer, höhergelegter SUV-Bruder komplett den Rang abgelaufen – doppelte Verkaufszahlen, höhere Margen. Und der Clubman? War gefangen zwischen den Stühlen. Zu klein für einen echten Kombi-Fan (ein Golf Variant lädt mehr), zu groß für den klassischen MINI-Puristen. Und dann die “Split Doors”: Stylisch, ja. Aber im Alltag unpraktisch, weil der Mittelsteg immer die Sicht im Rückspiegel versperrt hat. Am Ende hat MINI die Reißleine gezogen. Die Zukunft gehört dem elektrischen Crossover Aceman, der die Lücke zwischen Cooper und dem (jetzt noch größeren) Countryman füllen soll. Für den stilvollen Shooting-Brake-Kombi ist in dieser neuen Welt kein Platz mehr. Schade.
Welche Motoren gab es – und welcher ist der Beste (JCW)?
Die Motorenpalette des F54 basierte auf BMW-Motoren. Angeboten wurden Dreizylinder-Benziner (Cooper, One) und Vierzylinder-Benziner (Cooper S, John Cooper Works JCW) sowie Drei- und Vierzylinder-Diesel (One D, Cooper D, Cooper SD).
- Benziner:
- One (1.5L R3, 102 PS): Zu schwach. Finger weg.
- Cooper (1.5L R3, 136 PS): Solide Basis, kultivierter Dreizylinder. Reicht für den Alltag.
- Cooper S (2.0L R4, 192 PS / 178 PS nach Facelift): Der Sweet Spot. Spritzig, drehfreudig, guter Klang. Macht richtig Spaß.
- John Cooper Works (JCW) (2.0L R4, 231 PS / später 306 PS!): Der Top-Athlet. Besonders das 306-PS-Modell (ab 2019) mit serienmäßigem Allrad (ALL4) und Automatik ist eine absolute Waffe. 0-100 in 4,9 s. Das ist schneller als ein Golf R!
- Diesel:
- One D (1.5L R3, 116 PS): Sparsam, aber lahm.
- Cooper D (2.0L R4, 150 PS): Der vernünftige Vielfahrer-Motor. Sparsam, drehmomentstark, robust.
- Cooper SD (2.0L R4, 190 PS): Souveräner Power-Diesel.
Welchen soll man nehmen? Wenn Vernunft spricht: den Cooper D (150 PS). Ein toller Allrounder. Wenn das Herz spricht? Ganz klar den Cooper S als Benziner. Die 192/178 PS reichen völlig für agiles Fahren. Und wenn man es krachen lassen will? Der John Cooper Works (JCW) mit 306 PS! Das Ding ist ein verkappter Hot Hatch im Kombi-Dress. Eine absolute Granate und dank ALL4 extrem souverän. Das ist der ultimative Clubman.
Zitat von Alex Wind: “Der JCW mit 306 PS ist der Hammer. Ein Kombi, der Supersportler-Fahrer an der Ampel blamiert und trotzdem den Wocheneinkauf schluckt. Das ist meine Art von Humor. Wenn schon Clubman, dann bitte den!”
Wie schlägt er sich bei Zuverlässigkeit und typischen Mängeln?
Der Clubman F54 basiert auf der robusten BMW UKL2-Plattform, die als solide gilt. Die Motoren (B38/B48 Benziner, B37/B47 Diesel) sind millionenfach in BMWs und MINIs verbaut und gelten (nach anfänglichen Kinderkrankheiten bei einigen Chargen) als zuverlässig, sofern die Wartung stimmt. Probleme sind eher im Detail zu finden:
- Elektronik: Das Infotainmentsystem (besonders frühe Versionen) kann abstürzen oder träge reagieren. Software-Updates helfen.
- Fahrwerk: Bei sportlicher Fahrweise und hohen Laufleistungen erhöhter Verschleiß an Buchsen, Lagern und Bremsen (MINI-typisch).
- Automatikgetriebe (Aisin 8-Gang): Gilt als komfortabel und meist zuverlässig, sollte aber regelmäßig gewartet werden (Ölwechsel, auch wenn MINI es oft als “Lifetime”-Füllung bezeichnet).
- Split Doors: Die Mechanik (Gasdruckdämpfer, Scharniere) kann mit der Zeit verschleißen. Prüfen, ob beide Türen sauber öffnen und schließen.
Insgesamt ist der F54 ein überdurchschnittlich zuverlässiger MINI, deutlich besser als die R55/R56-Vorgänger. Eine lückenlose Servicehistorie ist dennoch Pflicht.
Ist er ein echter Kombi? Kofferraum & Variabilität im Check.
Der Kofferraum fasst 360 Liter, bei umgeklappter Rückbank (40:20:40) sind es 1.250 Liter. Die Split Doors öffnen (optional) elektrisch.
Hier liegt der Hund begraben. 360 Liter. Das ist Golf-Klasse-Niveau, aber nicht das, was man von einem “Kombi” erwartet. Ein Golf Variant schluckt über 600 Liter! Selbst ein MINI Countryman (450 Liter) bietet mehr. Der Clubman ist also eher ein Lifestyle-Kombi oder ein Shooting Brake als ein echter Lademeister. Für den Wocheneinkauf oder das Urlaubsgepäck zu zweit reicht’s. Für die Großfamilie mit Kinderwagen? Eher nicht. Und die Split Doors? Sieht cool aus. Aber beim Einladen in engen Parklücken sind sie unpraktisch, weil man nach hinten Platz braucht, um sie zu öffnen. Und der Mittelsteg im Rückspiegel? Nervt. Massiv. Man muss ihn also wegen seines Stils lieben, nicht wegen seiner ultimativen Praktikabilität.
Historischer Kontext: Vom schrulligen Dreitürer zum erwachsenen Sechstürer
Der erste “New MINI” Clubman (R55, 2007) war ein Experiment: Länger als der Hatch, eine einzelne Selbstmördertür (Clubdoor) auf der rechten Seite für den Fond-Einstieg und die Split Doors. Ein schrulliges Unikat. Der F54 (ab 2015) machte damit Schluss. Er wurde ein vollwertiger Kompaktwagen auf BMW-Basis, mit vier normalen Türen. Er verlor etwas von seiner Schrulligkeit, gewann aber massiv an Alltagstauglichkeit und Komfort. Er war der Versuch, MINI erwachsen zu machen und im lukrativen Golf-Segment wildern zu lassen – was nur mäßig gelang, da er dafür zu teuer und unpraktisch war.
Advokat des Teufels: Was sind die größten Nachteile des Clubman?
- Platzangebot: Zu klein für einen echten Kombi (Kofferraum, Fond).
- Split Doors: Sehen ikonisch aus, sind aber im Alltag unpraktisch (Sichtbehinderung, Platzbedarf beim Öffnen).
- Preis: Als Neuwagen war er teuer, als Gebrauchter ist er (noch) wertstabil. Man zahlt einen klaren Premium- und Lifestyle-Aufpreis.
- Fahrkomfort: MINI-typisch straff abgestimmt (besonders als S/JCW mit Sportfahrwerk). Wer eine Sänfte sucht, ist hier falsch.
- Produktionsende: Unsicherheit beim Wiederverkauf und bei spezifischen Ersatzteilen (z.B. für die Hecktüren) in der fernen Zukunft.
Preis der Fehlkonfiguration: Cooper S vs. John Cooper Works (JCW)
Lohnt sich der Griff zum 306-PS-JCW, oder reicht der Cooper S mit 178/192 PS?
- Szenario: Gebrauchtkauf eines 3-4 Jahre alten Modells.
- Cooper S: (ca. 180-190 PS), oft gut ausgestattet, agil. Preis (Index): Mittel. Fahrspaß: Hoch. Unterhalt: Premium-Niveau.
- JCW: (306 PS), serienmäßig Allrad, extreme Performance. Preis (Index): Sehr hoch (oft 8.000 – 12.000 € über Cooper S). Fahrspaß: Extrem. Unterhalt: Sehr hoch (Versicherung, Bremsen, Reifen).
- Fazit: Der JCW ist ein fantastisches Gerät, aber der Aufpreis ist exorbitant. Für die meisten Fahrer bietet der Cooper S 90% des Fahrspaßes zu einem deutlich faireren Preis. Der JCW ist ein Liebhaberstück. Die “Fehlkonfiguration” wäre, den JCW zu kaufen, wenn man eigentlich nur einen spritzigen Alltags-MINI sucht – die Unterhaltskosten fressen einen auf. Der Cooper S ist die rationalere, aber immer noch sehr emotionale Wahl.
Zukünftiger Ausblick: Was füllt die Lücke? Aceman & Countryman.
Einen direkten Nachfolger wird es nicht geben. Die Lücke im Portfolio wird von zwei Modellen gefüllt:
- Der neue MINI Countryman (U25): Ist deutlich gewachsen (über 4,40 m) und übernimmt die Rolle des praktischen, geräumigen Familien-MINI (und ist als echter Kombi-Ersatz gedacht).
- Der neue MINI Aceman (J05): Ein rein elektrisches Crossover, das sich größenmäßig (ca. 4,07 m) zwischen Cooper und Countryman positioniert und den Fünftürer-Gedanken des Clubman (auf E-Basis) weiterführt.Der Clubman als stilvoller Shooting Brake bleibt damit einzigartig und ohne Erben. Das dürfte seinen Wert als Gebrauchter stabilisieren.
Merkmal (gebraucht) | MINI Clubman Cooper S (F54) | VW Golf 8 Variant R-Line | Mercedes CLA 250 SB (X118) |
Konzept | Lifestyle-Kombi (6-Türer) | Pragmatischer Kombi | Lifestyle-Kombi (Coupé) |
Motor (typisch) | 2.0L R4 Turbo (178/192 PS) | 1.5L R4 eTSI (150 PS) | 2.0L R4 Turbo (224 PS) |
Kofferraum | 360 – 1250 L | 611 – 1642 L | 505 – 1370 L |
Fahrgefühl | Gokart-artig, Agil | Ausgewogen, Sicher | Komfortabel, Souverän |
Innenraum-Anmutung | Stylisch, Einzigartig | Digital, Nüchtern | Spektakulär (MBUX) |
Preis (Index) | Mittel | Mittel | Hoch |
Fazit: Der MINI Clubman (F54) war ein Unikat. Ein Auto für Individualisten, das versuchte, das unvereinbare zu vereinen: MINI-Gefühl, BMW-Qualität und Kombi-Praktikabilität. Letzteres gelang nur bedingt, aber er war zweifellos der stilvollste und erwachsenste MINI seiner Zeit. Als Gebrauchter ist er heute eine attraktive Option für alle, die ein charakterstarkes Auto suchen und nicht jeden Kubikzentimeter Kofferraum brauchen. Besonders die Cooper S und die brachialen JCW-Modelle (ab 2019) sind fahraktive Juwelen. Mit seinem Produktionsende ist er nun endgültig zum Liebhaberstück geworden – ein schrulliger, aber sehr charmanter Abschiedsgruß von einer aussterbenden Fahrzeuggattung.






















