Der Opel Vivaro ist eine feste Größe im Segment der mittelgroßen Transporter – ein Arbeitstier für Handwerk und Gewerbe, aber auch als flexible Basis für Personentransporter beliebt. Seit der Übernahme durch Stellantis teilt er sich die Technik mit seinen französischen und italienischen Cousins, doch Opel bemüht sich um Eigenständigkeit. Mit dem umfassenden Facelift für das Modelljahr 2024/2025 soll diese Abgrenzung deutlicher werden: Der Vivaro erhält das neue Markengesicht “Opel Vizor”, ein modernisiertes digitales Cockpit und eine verbesserte Elektroversion. Genügt das, um im harten Wettbewerb gegen Ford Transit Custom, VW Transporter und die eigene Verwandtschaft zu bestehen?
Was ist der neue Opel Vivaro (Facelift 2025) und an wen richtet er sich?
Der Opel Vivaro bleibt seiner Rolle als vielseitiger mittelgroßer Transporter (um 1 Tonne Nutzlast) treu. Er basiert weiterhin auf der EMP2-Plattform von Stellantis (nun STLA Medium genannt). Das Facelift konzentriert sich auf sicht- und spürbare Modernisierungen, ohne die bewährte Basis anzutasten. Mit dem “Opel Vizor”-Grill und optionalen Intelli-Lux LED® Matrix Scheinwerfern wirkt er nun deutlich moderner und markentypischer. Im Innenraum halten ein digitales 10-Zoll-Fahrerinfodisplay und ein neuer 10-Zoll-Infotainment-Touchscreen Einzug. Er richtet sich weiterhin an Gewerbetreibende aller Branchen, die einen zuverlässigen, flexiblen und wirtschaftlichen Transporter suchen, aber auch an Shuttle-Dienste oder Großfamilien (als Vivaro Combi oder Zafira Life). Opel positioniert ihn als den “deutschen” unter den Stellantis-Vans, mit Fokus auf Ergonomie und Funktionalität.
Welche Antriebsarten gibt es: Effiziente Diesel oder verbesserter Stromer?
Opel bietet den Vivaro weiterhin mit einer breiten Antriebspalette an, die die meisten Bedürfnisse abdecken sollte.
Dieselmotoren: Die bewährten Turbodiesel (aus dem Stellantis-Regal) bleiben das Rückgrat für Langstreckenfahrer und schwere Lasten. Sie sind in verschiedenen Leistungsstufen verfügbar, typischerweise:
- 1.5 Diesel: Mit ca. 100 PS oder 120 PS, meist mit manuellem 6-Gang-Getriebe. Die sparsamste, aber auch schwächste Option für den Stadtverkehr und leichte Ladung.
- 2.0 Diesel: Mit ca. 145 PS oder 180 PS, oft mit komfortabler 8-Stufen-Automatik erhältlich. Bietet deutlich mehr Durchzugskraft und Souveränität, auch bei voller Beladung oder mit Anhänger. Der 180-PS-Motor ist die Top-Wahl für anspruchsvolle Aufgaben. Alle Diesel erfüllen die aktuelle Abgasnorm.
Vivaro Electric (Batterieelektrisch): Die Elektroversion erhält mit dem Facelift ein wichtiges Upgrade. Weiterhin gibt es zwei Batteriegrößen, aber mit optimierter Effizienz und Reichweite:
- 50 kWh Batterie: Bietet nun eine WLTP-Reichweite von bis zu 224 km. Primär für den planbaren urbanen Lieferverkehr gedacht.
- 75 kWh Batterie: Erreicht jetzt eine deutlich verbesserte WLTP-Reichweite von bis zu 350 km (vorher ca. 330 km). Macht den Vivaro Electric auch für regionale Einsätze und längere Pendelstrecken interessant. Der E-Motor leistet weiterhin 100 kW (136 PS) und 260 Nm Drehmoment.
Tipp von Alex Wind: Für die meisten gewerblichen Nutzer dürfte der 2.0 Diesel mit 145 PS und Automatik den besten Kompromiss aus Leistung, Komfort und Wirtschaftlichkeit bieten. Beim Vivaro Electric ist die 75 kWh-Batterie fast immer die bessere Wahl, es sei denn, der Einsatzradius ist extrem begrenzt und der Preisdruck maximal.
Wie praktisch ist der Laderaum – immer noch ein Meister der Variabilität?
Ja, hier bleibt der Vivaro (wie seine Schwestermodelle) eine Bank. Dank der Plattform-Strategie bietet er eine enorme Vielfalt.
- Längen und Höhen: Verfügbar in zwei Längen (L2: 4,98 m, L3: 5,33 m) und meist einer Standardhöhe (ca. 1,90 m, tiefgaragentauglich).
- Karosserievarianten: Kastenwagen, Doppelkabine, Kombi (für Personen) und Plattformfahrgestell für individuelle Aufbauten.
- Ladevolumen: Bis zu 6,6 m³ im Kastenwagen L3.
- Nutzlast: Bis zu ca. 1.400 kg (Diesel), bzw. ca. 1.000 kg beim Electric (bedingt durch das Batteriegewicht).
- Flexibilität: Die optionale “FlexCargo”-Durchladefunktion in der Trennwand ermöglicht den Transport von Gegenständen bis zu 4 Metern Länge (in L3). Die Beifahrer-Doppelsitzbank kann zudem zum mobilen Büro umfunktioniert werden.
Der Laderaum ist gut zugänglich durch breite Schiebe- und Hecktüren. Zahlreiche Verzurrösen und optionale Regalsysteme erleichtern die Ladungssicherung und Organisation. Der technische Kompromiss der Plattform zeigt sich höchstens darin, dass das Ladevolumen nicht ganz an die größten Konkurrenten (wie den hohen Transit) heranreicht, dafür punktet der Vivaro mit seiner Alltagstauglichkeit (Höhe).
Was taugt das neue digitale Cockpit im Arbeitsalltag?
Das Facelift bringt eine deutliche Modernisierung, die den Vivaro auf Augenhöhe mit der Konkurrenz hebt. Das neue digitale 10-Zoll-Kombiinstrument ist klar ablesbar und konfigurierbar. Der zentrale 10-Zoll-Infotainment-Touchscreen (mit Navi optional) reagiert schneller und bietet eine verbesserte Smartphone-Integration (kabelloses Apple CarPlay / Android Auto).
Erfreulicherweise behält Opel aber physische Tasten und Drehregler für die Klimasteuerung bei – ein Segen für die Bedienbarkeit während der Fahrt, gerade im hektischen Arbeitsalltag. Das neue Lenkrad integriert zudem mehr Funktionstasten, z.B. für die Assistenzsysteme (bis zu 18 an der Zahl, inkl. adaptiver Tempomat). Insgesamt wirkt das Cockpit nun deutlich moderner, ohne die bewährte Opel-Ergonomie zu opfern.
Wie schlägt sich der Vivaro Electric beim Laden?
Der Vivaro Electric nutzt weiterhin eine 400-Volt-Architektur. Die maximale DC-Ladeleistung beträgt 100 kW.
Mini-Fallstudie: Der Schnelllade-Stopp (75 kWh Akku)
- Problem: Akku muss unterwegs schnellstmöglich nachgeladen werden (z.B. von 10 %).
- Aktion: Ansteuern einer HPC-Säule (≥ 100 kW).
- Messbares Ergebnis: Die Ladung von 10 % auf 80 % dauert ca. 45 Minuten. Das ist kein Spitzenwert (E-GMP lädt in 18 Min.), aber für einen Transporter dieser Klasse durchaus konkurrenzfähig und praxistauglich. Viele Wettbewerber laden ähnlich schnell oder langsamer.
- AC-Laden: Erfolgt serienmäßig mit 11 kW dreiphasig, was eine Vollladung über Nacht (ca. 7,5 Stunden für 75 kWh) ermöglicht – ideal für den Betriebshof oder zu Hause.
Anekdote: Der Vizor im Baustellen-Dschungel
Ich fuhr den neuen Vivaro durch den dichten Stadtverkehr zu einer Baustelle. Das erste, was auffiel: Das neue “Vizor”-Gesicht gibt dem Transporter eine unerwartete Eleganz. Er wirkt nicht mehr wie ein reines Nutzfahrzeug, sondern fast schon wie ein Pkw-SUV von vorne. Auf der Baustelle dann der Praxistest: Trotz der schicken Optik ist die Übersichtlichkeit gut, die optionalen Kameras helfen beim Rangieren, und die erhöhte Sitzposition verschafft den nötigen Überblick im Chaos. Der Vivaro schafft den Spagat zwischen modernem Design und robuster Funktionalität.
Historischer Kontext: Vom Renault-Partner zum Stellantis-Baustein
Der Vivaro hat eine bewegte Geschichte. Die ersten beiden Generationen (Vivaro A, 2001-2014; Vivaro B, 2014-2019) entstanden in Kooperation mit Renault und waren baugleich mit dem Renault Trafic (und Nissan Primastar). Sie waren bekannt für ihr eigenständiges Design (insbesondere Vivaro B) und ihre Zuverlässigkeit.
Mit der Übernahme Opels durch PSA (später Stellantis) erfolgte 2019 der Wechsel auf die Konzernplattform EMP2. Der Vivaro C wurde damit zum Schwestermodell von Expert/Jumpy. Dieser Schritt war wirtschaftlich notwendig, bedeutete aber auch einen Verlust an Eigenständigkeit. Das aktuelle Facelift ist nun Opels Versuch, innerhalb der strengen Vorgaben der Plattform-Strategie wieder mehr optische und technische Markenidentität zu etablieren.
Was ist das stärkste Argument GEGEN den Vivaro (Facelift 2025)?
Das stärkste Gegenargument ist paradoxerweise seine größte Stärke: die technische Verwandtschaft innerhalb des Stellantis-Konzerns. Der Opel Vivaro ist ein exzellenter Transporter, aber er ist eben auch fast identisch mit dem Peugeot Expert, Citroën Jumpy, Fiat Scudo und Toyota ProAce.
Die Unterschiede liegen primär im Design (Frontmaske, Cockpit-Details), in der Markenwahrnehmung und im Händlernetz. Für den Kunden bedeutet das: Die Kaufentscheidung wird oft weniger von technischen Fakten als von Preisverhandlungen, Leasing-Angeboten, Service-Nähe und persönlichen Markenpräferenzen bestimmt. Wer nicht explizit den “Blitz” am Grill oder das spezifische Cockpit-Layout bevorzugt, muss knallhart die Angebote aller fünf Marken vergleichen, um das beste Paket zu finden. Der Vivaro muss sich also nicht nur gegen Ford und VW behaupten, sondern vor allem gegen seine eigenen Brüder.
Die folgende Tabelle zeigt die Kernkonkurrenten:
Merkmal | Opel Vivaro L2 (2025) | Ford Transit Custom L1H1 | VW Transporter T7 (kurz) |
Plattform | STLA Medium (EMP2) | Ford | Ford (Kooperation) |
Max. Ladevolumen | ca. 5,8 m³ (mit FlexCargo) | ca. 5,8 m³ | ca. 5,8 m³ |
Max. Nutzlast | ca. 1.400 kg (Diesel) | ca. 1.350 kg | ca. 1.200 kg |
Max. E-Reichw. (WLTP) | bis 350 km | bis 380 km | bis 400 km (erwartet) |
Cockpit | Digital (10″+10″) | Digital (SYNC 4, 13″) | Digital (10″+?) |
Besonderheit | FlexCargo, Matrix-LED (opt.) | Integrierte Trittstufe | Plug-in-Hybrid Option |
Fazit: Der Opel Vivaro ist mit dem Facelift für 2025 wieder voll auf Höhe der Zeit. Das moderne Design, das verbesserte digitale Cockpit und die gesteigerte Reichweite des Vivaro Electric machen ihn zu einem attraktiven Angebot im hart umkämpften Transporter-Segment. Er überzeugt weiterhin mit seiner Variabilität, den guten Fahreigenschaften und einer breiten Antriebspalette. Seine größte Herausforderung bleibt die starke Konkurrenz – insbesondere aus dem eigenen Stellantis-Konzern. Wer einen funktionalen, modernen und optisch ansprechenden Transporter sucht und Wert auf deutsche Design-Akzente legt, macht mit dem Vivaro nichts falsch. Ein gründlicher Preisvergleich mit seinen Schwestermodellen ist jedoch Pflicht.














