Acura. Für die meisten deutschen Autokäufer ist das kaum mehr als eine Randnotiz, Hondas Versuch einer Premium-Marke, der hierzulande scheiterte. Doch in Nordamerika ist Acura eine feste Größe, und Modelle wie der RDX mischen munter im Segment von BMW X3, Audi Q5 und Mercedes GLC mit. Die aktuelle Generation, frisch geliftet und technisch aufgerüstet, gilt dort als fahraktive Alternative mit japanischer Zuverlässigkeit. Grund genug, neugierig zu werden? Vielleicht. Aber wie schon bei seinen Brüdern MDX und Co. stellt sich die knallharte Frage: Macht ein Import nach Deutschland, wo Acura offiziell die Segel gestrichen hat, auch nur ansatzweise Sinn? Eine Analyse zwischen Faszination und finanziellem Harakiri.
Was genau ist der Acura RDX (Generation TC1/TC2)?
Der Acura RDX (dritte Generation, TC1/TC2, seit 2018, Facelift 2022) ist ein kompaktes Premium-Crossover-SUV. Er basiert auf einer eigenständigen Acura-Plattform (nicht direkt von Honda abgeleitet) mit Fokus auf Fahrdynamik. Angetrieben wird er von einem 2.0-Liter Vierzylinder-Turbobenziner, gekoppelt an eine 10-Stufen-Automatik. Verfügbar mit Frontantrieb oder Acuras Torque-Vectoring Allradsystem SH-AWD.
Endlich mal kein simpler Honda im Sonntagsanzug! Der RDX steht auf einer eigenen Plattform, das ist schon mal ein Pluspunkt. Und Acura betont immer wieder die Sportlichkeit. 2.0 Liter Turbo, 10-Gang-Automatik, optional dieses famose SH-AWD – das klingt auf dem Papier gut. Das Design? Scharf gezeichnet, aggressiver als viele Honda-Modelle, mit dem typischen “Diamond Pentagon”-Grill. Sieht modern aus. Innen? Typisch Acura: Hochwertige Materialien, fahrerorientiertes Cockpit, aber eben auch dieses umstrittene “True Touchpad Interface” zur Bedienung. Er will der Athlet sein im Acura-Portfolio, der dynamische Konkurrent zum X3. Ein ambitioniertes Ziel.
Warum gibt es den RDX nicht offiziell in Deutschland zu kaufen?
Acura hat seine Vertriebsaktivitäten in Westeuropa Anfang 2020 eingestellt. Gründe waren geringe Verkaufszahlen, hohe Homologationskosten für EU-Normen und eine strategische Neuausrichtung des Mutterkonzerns Honda auf Kernmärkte und Elektrifizierung. Der RDX war zuvor (erste Generation) kurzzeitig in einigen europäischen Märkten (aber kaum in Deutschland) angeboten worden, konnte sich aber nicht durchsetzen.
Die alte Leier. Zu unbekannt, zu wenig Diesel-Kompetenz (als das noch zählte), zu starke deutsche Konkurrenz, zu nah an der Muttermarke Honda positioniert. Acura hat es hier nie geschafft, ein klares Premium-Image aufzubauen. Man war immer “der teure Honda”. Und Hondas eigene SUVs (CR-V, HR-V) liefen gut genug. Warum also Millionen in eine zweite Marke investieren, die kaum jemand kennt oder kauft? Der Rückzug war schmerzhaft, aber folgerichtig. Der RDX hätte es auch heute schwer, selbst wenn er offiziell angeboten würde.
Das Highlight: Wie gut ist das SH-AWD (Super Handling All-Wheel Drive)?
SH-AWD ist Acuras fortschrittliches Allradsystem. Es kann die Kraft nicht nur zwischen Vorder- und Hinterachse (bis zu 70% nach hinten) verteilen, sondern mittels zweier Kupplungen am Hinterachsdifferenzial auch aktiv bis zu 100% des hinteren Drehmoments an das kurvenäußere Rad leiten (Torque Vectoring). Dies verbessert Agilität, Kurvenstabilität und Traktion.
Das ist keine Marketing-Floskel, das ist echte Ingenieurskunst! SH-AWD war schon im alten Honda Legend (wo es debütierte) genial und macht auch im RDX den Unterschied. Während viele Konkurrenten nur bei Schlupf Kraft nach hinten schicken oder per Bremseingriff agieren, drückt SH-AWD den RDX aktiv in die Kurve. Das Ergebnis? Ein überraschend agiles, fast hecktriebler-artiges Fahrgefühl für ein frontlastiges SUV. Untersteuern wird effektiv bekämpft, die Traktion am Kurvenausgang ist phänomenal. Das macht den RDX fahrdynamisch zu einer echten Waffe in seiner Klasse, oft agiler als seine deutschen Pendants (abseits der M- oder AMG-Versionen). Wenn es einen technischen Grund gibt, sich für den RDX zu interessieren, dann ist es dieses System.
Tipp von Alex Wind: Wer über einen Import nachdenkt (was immer noch Wahnsinn ist, siehe unten), muss unbedingt die Version mit SH-AWD wählen. Der reine Fronttriebler verschenkt das größte Talent des RDX.
Was bietet der 2.0L VTEC Turbo Motor?
Der RDX wird ausschließlich von einem 2.0-Liter Vierzylinder-Turbobenziner (K20C4, verwandt mit dem Motor des Civic Type R) angetrieben. Er leistet 276 PS und 380 Nm Drehmoment, gekoppelt an eine 10-Stufen-Automatik.
Ein Vierzylinder also. Zwar einer mit Honda-Rennsport-Genen, aber eben “nur” vier Zylinder in einer Klasse, wo BMW und Mercedes auch Sechszylinder anbieten (X3 M40i, GLC 43). Die Leistung ist okay, 276 PS reichen für flotte Fahrleistungen (0-100 km/h in ca. 6,5-7 s). Der Motor dreht willig hoch, klingt aber unter Last etwas angestrengt, nicht wirklich Premium-like. Die 10-Gang-Automatik sortiert die Gänge meist unauffällig, kann aber manchmal etwas hektisch wirken. Und der Verbrauch? Tja, da schlägt die alte Welt zu. Realistisch sind 10 bis 12 Liter Super. Kein Mild-Hybrid, kein Plug-in. Das ist für ein modernes Premium-SUV in Europa einfach nicht mehr zeitgemäß und ein klarer Nachteil.
Wie schlägt sich der Innenraum im Premium-Vergleich (True Touchpad)?
Das Interieur bietet hochwertige Materialien und gute Verarbeitung. Das Cockpit ist fahrerorientiert mit einem 10,2-Zoll-Infotainment-Display, das über das “True Touchpad Interface” in der Mittelkonsole bedient wird (kein Touchscreen). Digitale Instrumente (7 Zoll oder optional 10,5 Zoll Head-Up) sind verfügbar. Das Platzangebot ist gut, der Kofferraum großzügig (ca. 835 Liter nach US-Norm).
Qualität und Platzangebot passen. Das ist Premium-Niveau. Aber diese Bedienung… Das “True Touchpad Interface” versucht, die absolute Position des Fingers auf dem Pad auf den Bildschirm zu übertragen. Klingt clever, funktioniert in der Praxis aber nur mäßig. Es ist fummelig, erfordert viel Eingewöhnung und lenkt ab. Warum Acura hier nicht einfach auf einen guten Touchscreen (wie im MDX) oder einen Dreh-Drück-Steller setzt, bleibt ein Rätsel. Das System wurde zwar mit dem Facelift verbessert, bleibt aber ein ergonomischer Schwachpunkt. Das ELS Studio 3D Soundsystem ist dagegen (wie im MDX) exzellent. Insgesamt ein hochwertiger, aber bedientechnisch gewöhnungsbedürftiger Innenraum.
Historischer Kontext: Vom Civic-Derivat zum eigenständigen Athleten?
Die erste Generation des RDX (ab 2006) war noch stark vom Honda CR-V abgeleitet und fiel mit ihrem Vierzylinder-Turbo etwas aus der Acura-Linie (die damals auf V6 setzte). Die zweite Generation (ab 2012) wurde konservativer, bekam einen V6-Sauger und war eher ein komfortabler Cruiser. Die aktuelle, dritte Generation (ab 2018) sollte die Rückkehr zur Sportlichkeit markieren: eigene Plattform, Vierzylinder-Turbo mit VTEC, SH-AWD. Sie positioniert sich klar als fahraktive Alternative und hat in den USA viel Lob dafür bekommen. Das Facelift 2022 hat dies weiter verfeinert. Er ist der bisher eigenständigste und sportlichste RDX – nur eben nicht für uns.
Advokat des Teufels: Warum ein Import nach Deutschland Wahnsinn ist (Version 3.0)
Ein Grauimport des Acura RDX ist aus denselben Gründen wie bei allen nicht offiziell angebotenen US-Marken/Modellen extrem riskant und unwirtschaftlich: Hohe Gesamtkosten (Kaufpreis US ab ca. 45.000$ + Transport + Zoll + EUSt. + teure Homologation), keine Werksgarantie, fehlendes Service-Netzwerk (selbst Honda-Händler können/dürfen oft nicht helfen), katastrophale Ersatzteilversorgung für RDX-spezifische Teile (trotz Plattform-Eigenständigkeit gibt es Gleichteile, aber eben auch viel Spezifisches), hoher Wertverlust. Zudem ist der Antrieb (nur Vierzylinder-Benziner ohne Hybridisierung) für den europäischen Premium-Markt nicht optimal aufgestellt.
Ich kann mich nur wiederholen: Finger weg! Ein importierter RDX wäre hierzulande ein Exot ohne Support. Jede Kleinigkeit wird zum Problem. Die Kosten laufen aus dem Ruder. Kauft euch einen BMW X3, einen Audi Q5, einen Mercedes GLC, einen Genesis GV70 oder von mir aus einen Mazda CX-60. Da wisst ihr, was ihr habt, habt Garantie und Service. Ein RDX-Import ist was für Masochisten.
Vergleich mit deutschen Konkurrenten (als hypothetischer Import)
| Merkmal | Acura RDX SH-AWD (Import) | BMW X3 xDrive30i | Audi Q5 45 TFSI quattro | Mercedes GLC 300 4MATIC | 
| Konzept | Kompakt SUV, R4 Turbo | Kompakt SUV, R4 Turbo (MHEV) | Kompakt SUV, R4 Turbo (MHEV) | Kompakt SUV, R4 Turbo (MHEV) | 
| Leistung (ca.) | 276 PS | 245 PS | 265 PS | 258 PS | 
| Antrieb | SH-AWD (Torque Vec.) | xDrive | quattro | 4MATIC | 
| Innenraum-Bedienung | Touchpad (kritisch) | iDrive (Top) | MMI Touch (Gut) | MBUX (Top) | 
| Preis (Import, ca.) | > 70.000 € (?) | ab 61.000 € | ab 58.000 € | ab 63.000 € | 
| Service (DE) | Nicht existent | Exzellent | Exzellent | Exzellent | 
Fazit: Der Acura RDX ist in Nordamerika ein respektierter Player im Premium-Kompakt-SUV-Segment, der mit seinem SH-AWD Allradsystem fahrdynamische Akzente setzt. Sein Design ist ansprechend, der Innenraum hochwertig (wenn auch mit Schwächen bei der Bedienung). Für den deutschen Markt ist er jedoch irrelevant. Der Rückzug der Marke Acura macht einen Grauimport zu einem unwirtschaftlichen Abenteuer mit unkalkulierbaren Risiken bei Service und Ersatzteilen. So interessant das SH-AWD auch sein mag – es rechtfertigt den Aufwand und die Kosten nicht. Der RDX bleibt ein weiteres Beispiel für ein gutes amerikanisches Auto, das in Europa keine Rolle spielt. Schade, aber nicht zu ändern.




















