Sieben Sitze. Dieses Wort allein elektrisiert Familienväter und Shuttle-Dienste. Im Elektro-Zeitalter ist diese Kombination – kompakt, elektrisch, sieben Sitze – aber verdammt selten. Mercedes hat diese Nische 2021 mit dem EQB, dem elektrischen Bruder des GLB, clever besetzt. Ein voller Erfolg. Doch die Konkurrenz (Tesla Model Y 7-Sitzer, Kia EV9, bald VW ID. Buzz LWB) rückt näher. Höchste Zeit für ein Update. Mit dem Facelift, das seit Ende 2023 auf den Straßen und damit das aktuelle Modell für 2025 ist, spendiert Mercedes dem kantigen Stromer ein frisches Gesicht, neue Technik und eine optimierte Basisversion. Reicht das, um den einzigartigen Vorteil zu verteidigen? Oder ist der EQB nur ein clever verpackter Kompromiss auf alter Verbrenner-Basis?
Was genau ist der Mercedes-Benz EQB (Facelift 2025)?
Der Mercedes-Benz EQB (X243 Facelift) ist ein vollelektrisches Kompakt-SUV, basierend auf der MFA2-Plattform (Verbrenner-Architektur, verwandt mit EQA, GLA, GLB). Er bietet optional bis zu sieben Sitzplätze. Das Facelift 2024/25 umfasst ein neues Außendesign (Black Panel Grill, Leuchtendesign), ein aktualisiertes MBUX-Infotainment-System (NTG 7.0), ein neues Lenkrad und die Einführung der reichweitenoptimierten Basisversion EQB 250+.
Im Klartext: Mercedes hat den kantigen Look behalten, ihn aber moderner gestaltet. Der neue Grill mit dem Sternenmuster (kennt man von den großen EQ-Modellen) und das durchgehende Leuchtenband hinten sehen schick aus. Innen gibt’s das neue Lenkrad (endlich mit vernünftigen Tasten, nicht mehr die fummeligen Touch-Flächen!) und die neueste MBUX-Software. Das ist gut, das war nötig. Aber die Basis? Bleibt die alte MFA2-Plattform. Das bedeutet: Kompromisse. Kein Frunk, ein hoher Fahrzeugboden (wegen der Akkus) und eine Ladetechnik, die nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand ist. Der EQB bleibt das, was er war: der pragmatische Umbau eines Verbrenners. Aber eben der einzige in seiner Klasse mit sieben Sitzen. Das ist sein Alleinstellungsmerkmal.
Welche Antriebsvarianten gibt es nach dem Facelift?
Alle Varianten nutzen die gleiche Batterie mit 66,5 kWh Netto-Kapazität und 400V-Architektur.
- EQB 250+: NEU. Löst den alten EQB 250 ab. Frontantrieb, 140 kW (190 PS), 385 Nm. Diese Version ist reichweitenoptimiert und soll dank verbesserter Aerodynamik und Effizienz die höchste Reichweite der Baureihe erzielen (bis zu 534 km WLTP).
- EQB 300 4MATIC: Allradantrieb (Dual Motor), 168 kW (228 PS), 390 Nm. WLTP-Reichweite: bis 447 km.
- EQB 350 4MATIC: Allradantrieb (Dual Motor), 215 kW (292 PS), 520 Nm. WLTP-Reichweite: bis 447 km.
Die große Neuigkeit ist der EQB 250+. Klingt nach mehr, ist aber eigentlich ein Downgrade/Upgrade, je nachdem, wie man es sieht. Die Leistung (190 PS) ist dieselbe wie beim alten 250er, aber der Fokus liegt klar auf Effizienz. Über 500 km WLTP? Das klingt gut für 66,5 kWh. Die Allrad-Modelle 300 und 350 bleiben die souveräneren Zugfahrzeuge (bis 1,8 Tonnen Anhängelast) und Winter-Begleiter, zahlen aber mit deutlich geringerer Reichweite. Ehrlich gesagt? Für ein Familien-SUV, das primär in der Stadt und im Umland bewegt wird, ist der neue 250+ mit Frontantrieb die vernünftigste und beste Wahl. Die 190 PS reichen locker aus, und die Reichweite ist der entscheidende Faktor. Den Aufpreis für 4MATIC braucht man nur, wenn man wirklich in den Alpen wohnt.
Zitat von Alex Wind: “Der 250+ ist der heimliche Star des Facelifts. Weniger Verbrauch, mehr Reichweite – genau das, was dem EQB gefehlt hat. Wer hier noch zum 350er greift, hat entweder zu viel Geld oder braucht die Anhängelast.”
Wie schlägt sich der EQB bei realer Reichweite und Ladeleistung?
Die Batteriekapazität beträgt 66,5 kWh (netto). Die maximale DC-Ladeleistung liegt bei 100 kW. AC-Laden erfolgt serienmäßig mit 11 kW (dreiphasig).
- Reichweite (EQB 250+): Die WLTP-Angabe von bis zu 534 km ist… sagen wir mal, sehr optimistisch. Im realen Testbetrieb landeten wir bei gemischter Fahrweise eher bei 350 bis 400 Kilometern. Im Winter oder auf der Autobahn (130 km/h) muss man mit ca. 250-280 Kilometern rechnen. Das ist okay, aber kein Ruhmesblatt. Die Allrad-Modelle (300/350) liegen real eher bei 300-350 km (Mix) bzw. 220-250 km (Autobahn).
- Ladeleistung: Das ist die Achillesferse der Plattform. Maximal 100 kW DC-Laden. Im Jahr 2025. Das ist einfach zu wenig.
Mini-Fallstudie: Der EQB am Schnelllader
- Problem: Akku muss von 10 % auf 80 % geladen werden.
- Aktion: Ansteuern einer HPC-Säule (die hier unterfordert ist).
- Messbares Ergebnis: Die Ladung dauert offiziell ca. 32-35 Minuten. Das ist im Vergleich zu Konkurrenten (Kia EV6: 18 Min; Tesla Model Y: 25-30 Min) langsam. Man steht länger. Immerhin: Die Ladekurve ist relativ stabil, er hält die 100 kW recht lange. Und 11 kW AC Serie ist gut für das Laden zu Hause oder am Ziel (ca. 6,5 h für 0-100%). Aber auf der Langstrecke? Da nervt das langsame DC-Laden. Das ist der Preis für die alte Verbrenner-Plattform.
Das Alleinstellungsmerkmal: Wie praktisch sind die 7 Sitze wirklich?
Die optionale dritte Sitzreihe (zwei Einzelsitze) ist das Hauptargument für den EQB. Sie ist laut Mercedes für Personen bis zu einer Körpergröße von 1,65 m geeignet.
Also, machen wir uns nichts vor: Das sind Notsitze. Für Erwachsene? Nur für die Fahrt zur Eisdiele. Aber für Kinder oder Jugendliche? Absolut genial! Man kann mal eben die Freunde der Kinder vom Fußballtraining mitnehmen oder die Großeltern für den Kurztrip einladen. Diese Flexibilität ist Gold wert und einzigartig im Segment der elektrischen Kompakt-SUVs (der Tesla Model Y 7-Sitzer ist in Europa kaum verfügbar und hinten noch enger). Wenn man die Sitze nicht braucht, verschwinden sie flach im Ladeboden. Der Kofferraum ist als 5-Sitzer mit 495 Litern ordentlich (als 7-Sitzer mit allen Sitzen aufgestellt: quasi null). Klappt man alles um, werden es über 1.700 Liter. Das ist praktisch. Ja, das 7-Sitzer-Argument zieht. Das ist der Joker des EQB.
Wie fühlt sich das neue Cockpit mit dem Facelift-MBUX an?
Das Interieur wurde durch das neue Lenkrad (mit physischen Tasten oder optional Touch-Bedienung) und die neueste MBUX-Softwaregeneration (NTG 7.0) aufgewertet. Das Widescreen-Cockpit (2x 10,25 Zoll) bleibt Standard.
Das neue Lenkrad (endlich wieder mit echten Tasten in der Basis!) ist eine Wohltat. Und die neue MBUX-Software? Deutlich schneller, bessere Sprachsteuerung (“Hey Mercedes”), schickere Grafiken (drei Anzeigestile) und kabelloses Apple CarPlay/Android Auto. Das System unterstützt jetzt auch Plug & Charge, was das Laden an kompatiblen Säulen vereinfacht. Die Materialqualität ist Mercedes-typisch gut, die Verarbeitung solide. Die Bedienung über das Touchpad in der Mittelkonsole ist (Gott sei Dank!) auch noch da. Insgesamt ein spürbares Upgrade, das den Innenraum moderner und benutzerfreundlicher macht, auch wenn die Hardware (die Bildschirme) gleichgeblieben ist.
Historischer Kontext: Der GLB als pragmatische E-Basis
Der EQB ist ein direktes Derivat des Verbrenner-Modells GLB, das 2019 als kantige, praktische Alternative zum GLA startete. Die Entscheidung, den GLB (und den GLA als EQA) zu elektrifizieren, war ein schneller, pragmatischer Schritt von Mercedes, um im boomenden E-Kompakt-SUV-Segment ein Angebot zu haben, ohne eine teure neue Plattform entwickeln zu müssen (bevor die MMA-Plattform kommt). Der technische Kompromiss war klar: Man erbte die Nachteile der Verbrenner-Plattform (hoher Boden, kein Frunk, limitierte Batteriegröße und Ladeleistung). Aber man erbte eben auch den größten Vorteil des GLB: das optionale 7-Sitzer-Layout. Dieser Geniestreich machte den EQB einzigartig und sicherte ihm einen festen Kundenstamm.
Advokat des Teufels: Was sind die größten Haken am EQB?
Neben der veralteten 100-kW-Ladetechnik und der nur mäßigen realen Reichweite sind es:
- Plattform-Nachteile: Hoher Fahrzeugboden im Fond (Batterie drunter), was zu einer unbequemen Sitzposition mit stark angewinkelten Knien für große Erwachsene führt. Kein Frunk.
- Preis-Leistungs-Verhältnis: Der EQB ist teuer. Er startet (als 250+) bei ca. 53.000 Euro. Die Allradmodelle liegen deutlich darüber. Dafür bekommt man bei der Konkurrenz (Tesla Model Y, Kia EV6/EV9) teils deutlich mehr Reichweite, viel schnellere Ladezeiten und modernere E-Plattformen.
- Design: Die kantige “Hochdach”-Optik ist praktisch, aber nicht jedermanns Geschmack.
Man kauft beim EQB im Grunde nur eines: Sieben Sitze mit Stern im E-Paket. Wer das nicht zwingend braucht, findet in fast jeder Disziplin bessere (und oft günstigere) E-SUVs.
Preis der Fehlkonfiguration: 250+ (Reichweite) vs. 350 4MATIC (Power)?
Die Wahl ist entscheidend für den Geldbeutel und den Alltagsnutzen.
- Szenario: Familie im Voralpenland, braucht Allrad für den Winter, fährt aber meist nur Kurzstrecke (<100 km/Tag).
- Option A: EQB 350 4MATIC: (ab ca. 60.000 €). Allrad-Sicherheit ist da. Aber: Reale Reichweite im Winter oft nur 200 km. Hoher Verbrauch.
- Option B: EQB 250+: (ab ca. 53.000 €). Günstiger in Anschaffung und Verbrauch. Reale Reichweite im Winter ca. 250 km. Aber: Frontantrieb im Schnee? Riskant.
- Fazit: Hier gibt es keine perfekte Lösung. Man tauscht Reichweite gegen Allrad. Die Fehlkonfiguration wäre, den 350 4MATIC zu kaufen, obwohl man den Allrad nie braucht – dann zahlt man doppelt (Anschaffung, Verbrauch). Oder den 250+ zu kaufen, obwohl man täglich im Schnee stecken bleibt. Für die meisten Stadtbewohner ist der 250+ aber die klar rationalere und bessere Wahl. Der Aufpreis für Allrad lohnt sich nur bei echtem Bedarf.
Zukünftiger Ausblick: MMA-Plattform als Ablösung?
Ja, die Tage der MFA2-Plattform sind gezählt. Mercedes rollt ab 2025 die neue MMA-Plattform (Mercedes Modular Architecture) aus, die primär für Elektroantriebe (aber auch Verbrenner) ausgelegt ist. Sie verspricht 800V-Technik, höhere Effizienz und bessere Integration. Der Nachfolger des EQA/EQB (vielleicht als EQC SUV?) wird auf dieser Plattform basieren und die technischen Schwächen des aktuellen Modells (Laden, Packaging) voraussichtlich beheben. Das Facelift des EQB ist also das letzte Update für einen technologisch brillanten Kompromiss – einen Platzhalter, bis die “echte” E-Zukunft auch in dieser Klasse bei Mercedes ankommt.
Merkmal | Mercedes EQB 300 4MATIC | Tesla Model Y LR AWD (7-Sitzer*) | Kia EV9 (Basis RWD) | VW ID. Buzz LWB (7-Sitzer) |
Konzept | Kompakt-SUV, 7-Sitzer, 400V | Mittelkl.-SUV, 7-Sitzer, 400V | Groß-SUV, 7-Sitzer, 800V | E-Van, 7-Sitzer, 400V |
Leistung (ca.) | 228 PS | ca. 514 PS | 204 PS | 286 PS |
Akku (Netto) | 66,5 kWh | ca. 75 kWh (?) | 99,8 kWh | 86 kWh (?) |
Max. Reichw. (WLTP) | ca. 447 km | ca. 533 km | ca. 563 km | ca. 470 km (?) |
Max. Ladeleist. (DC) | 100 kW | 250 kW | 210 kW | 185 kW (?) |
Ladezeit (10-80%) | ca. 32 Min. | ca. 27 Min. | ca. 24 Min. | ca. 25-30 Min. (?) |
Preis (Basis 7-Sitzer, ca.) | ab 58.000 € | ab 63.000 € (*in DE kaum verf.) | ab 72.000 € (RWD) | ab 65.000 € (?) |
Fazit: Der Mercedes-Benz EQB bleibt auch nach dem Facelift 2025 ein Auto der Kompromisse – aber ein verdammt cleverer. Sein Alleinstellungsmerkmal als kompakter 7-Sitzer-Elektro-SUV ist unschlagbar. Das Facelift macht ihn mit frischerer Optik, besserem MBUX und dem effizienteren 250+ Modell attraktiver denn je. Wer aber keine sieben Sitze braucht, findet bei der Konkurrenz modernere E-Plattformen, deutlich mehr Reichweite und (vor allem!) viel schnellere Ladezeiten zu oft günstigeren Preisen. Die Achillesferse bleibt die 100-kW-Ladegrenze. Wer einen praktischen, luxuriösen E-Familienlaster für Stadt und Umland sucht und damit leben kann, dass die Langstrecke Geduld erfordert, findet im EQB eine einzigartige Lösung. Alle anderen warten besser auf die MMA-Plattform.


















