Umfassender Test des Porsche Panamera (2025): Der V8-Hybrid-Angriff auf die Luxus-Elite


Der Panamera. Er war Porsches Sündenfall, bevor die SUVs kamen… Ach, nein, halt, er kam ja danach. Aber er war die viertürige Provokation, der Sportwagen für die Familie. Und er war von Anfang an verdammt gut. Jetzt schiebt Zuffenhausen die dritte Generation (G3) an den Start – und die hat es in sich. Von außen nur sanft geliftet, fast schon zurückhaltend. Aber unter dem Blech? Revolution statt Evolution. Ein Cockpit im Taycan-Stil, das Traditionalisten Tränen in die Augen treibt. Ein Plug-in-Hybrid-System, das mit 25,9 kWh Akku und fast 100 km E-Reichweite praxistauglich wird. Und ein neues, fast schon unheimliches “Active Ride” Fahrwerk, das die Physik aushebeln soll. Aber reicht das? Reicht das, um in einer Welt voller BMW i7, Mercedes S-Klassen und Taycans noch zu bestehen? Ich bin den neuen Turbo E-Hybrid gefahren. Und ich bin zwiegespalten.

Was ist der neue Porsche Panamera (G3) und was ist wirklich neu?

Der Porsche Panamera (G3, Modelljahr 2025) ist eine viertürige Luxus-Limousine (Fließheck). Er basiert auf einer stark weiterentwickelten Version der MSB-Plattform. Die wichtigsten Neuerungen sind ein digitales Cockpit im Taycan-Stil, ein serienmäßiges Zweiventil-Luftfahrwerk, ein optionales “Porsche Active Ride” Aktivfahrwerk und eine neue Generation von E-Hybrid-Antrieben (bis 680 PS) mit 25,9 kWh Batterie.

Man muss schon zweimal hinschauen, um den G3 vom Vorgänger zu unterscheiden. Ein bisschen straffere Linien, neue Lufteinlässe, schärfere Scheinwerfer. Das war’s im Grunde. Fast schon langweilig, Porsche! Aber vielleicht ist das auch gut so, der Vorgänger sah ja top aus. Die wahre Musik spielt woanders. Im Innenraum zum Beispiel: Raus mit der alten Tastenflut (die ich mochte!), rein mit der volldigitalen Taycan-Landschaft. Und unter dem Blech: Der Basis-V6 wurde aufgebohrt, der Turbo S fliegt raus, der neue Chef heißt Turbo E-Hybrid. Ein V8-Plug-in-Hybrid mit 680 PS. Dazu gleich mehr. Aber das eigentliche Highlight, das Ding, über das alle reden, ist das neue Active Ride Fahrwerk. Ein hydraulisches System, das Wank- und Nickbewegungen komplett eliminieren soll. Klingt nach Voodoo.


Welche Antriebe gibt es: Der V8-Hybrid oder der nackte V6?

Zum Start fokussiert Porsche sich auf den V6-Basis (Panamera 4) und den Top-Hybrid. Der Panamera 4 nutzt einen 2.9L V6-Biturbo mit 353 PS und Allrad. Der Panamera Turbo E-Hybrid kombiniert einen 4.0L V8-Biturbo mit einem E-Motor (190 PS) zu einer Systemleistung von 500 kW (680 PS) und 930 Nm. Weitere Derivate (z.B. V6-Hybride) folgen.

Die Auswahl ist klar: Entweder Vernunft oder Wahnsinn. Der Panamera 4 mit dem 353-PS-V6 ist sicher kein langsames Auto. Er ist der souveräne Alltagsgleiter, der Einstieg. Aber mal ehrlich, wer einen Panamera kauft, will oft mehr. Und “mehr” liefert der Turbo E-Hybrid. Brutal. 680 PS Systemleistung, 930 Nm Drehmoment! 0-100 in 3,2 Sekunden. Das ist Supersportwagen-Niveau in einer Zweieinhalb-Tonnen-Limousine. Der E-Motor, jetzt direkt im PDK-Gehäuse integriert und stärker als zuvor, eliminiert jedes Turboloch. Das Ding schiebt ansatzlos an, immer, überall. Der V8 selbst (bekannt aus dem Cayenne S) ist eine Wucht. Das ist die neue Speerspitze. Ein Plug-in-Hybrid nicht als Spar-Modell, sondern als Performance-Monster. So geht das heute.


Zitat von Alex Wind: “Der V8-Hybrid ist ein technisches Meisterwerk. Aber mein Herz blutet ein bisschen um den alten, reinen Turbo S. Der Hybrid ist schneller, ja. Aber eben auch schwerer und digitaler. Der Fortschritt hat seinen Preis.”

Wie schlägt sich der E-Hybrid (PHEV) bei Reichweite und Laden?

Die Plug-in-Hybrid-Modelle verfügen über eine 25,9 kWh (brutto) / 21,8 kWh (netto) Batterie. Die rein elektrische Reichweite (WLTP) beträgt bis zu 91 km. Geladen wird serienmäßig mit bis zu 11 kW (AC). Eine DC-Ladeoption ist nicht verfügbar.

Endlich! Endlich eine E-Reichweite, die den Namen verdient. 91 km WLTP? Das sind im Realbetrieb locker 70-80 Kilometer. Damit fährt man den ganzen Tag elektrisch durch die Stadt, pendelt zur Arbeit, alles ohne einen Tropfen Benzin. Und das in einem V8-Monster! Das ist schon beeindruckend. Und das AC-Laden? Wurde von 7,2 auf 11 kW erhöht. Das heißt: Der Akku ist an der Wallbox in ca. 2,5 Stunden wieder voll. Passt. Aber – und das ist der Punkt, an dem ich den Kopf schütteln muss: Warum zur Hölle gibt es kein DC-Laden? Mercedes packt das in die C-Klasse! Selbst ein lumpiger SEAT Leon PHEV kriegt das jetzt. Und Porsche, die Pioniere der 800V-Technik im Taycan, lassen ihre 130.000-Euro-Hybride nur an AC nuckeln? Das ist, gelinde gesagt, schwach. Richtig schwach. Auf der Langstrecke bleibt der Akku also nach 80 km leer und man schleppt 300 kg totes Gewicht mit sich rum, das nur vom Verbrenner geladen wird. Das ist keine clevere Hybrid-Nutzung, das ist ein Design-Fehler. Sorry, Porsche.


Das “Active Ride” Fahrwerk – Nur ein Gimmick oder echte Magie?

Porsche Active Ride (optional für E-Hybrid-Modelle) ist ein vollaktives hydraulisches Fahrwerk. Jedes Rad ist mit einer Hydraulikpumpe verbunden, die aktiv Kräfte einleiten kann. Das System eliminiert Wank- und Nickbewegungen, kann die Karosserie beim Bremsen vorne anheben (Nick-Kompensation) oder sich aktiv in die Kurve neigen (Kurvenneigetechnik).

Das ist das eigentliche Highlight, das Ding, das alles verändert. Luftfederung? Kann jeder. Aber das hier? Das ist Magie. Cross-Domain-Analogie: Das Auto als High-End-Gimbal Stellen Sie sich eine Profi-Filmkamera auf einem Gimbal vor. Egal wie der Kameramann rennt oder stolpert, die Kamera bleibt perfekt waagerecht. Genau das macht Active Ride mit dem Panamera. Du bremst voll? Das Auto bleibt flach, kein Nicken. Du reißt das Lenkrad rum? Das Auto bleibt flach, kein Wanken. Es fährt sich absolut surreal. Es entkoppelt den Aufbau komplett von der Straße. Im Komfort-Modus schwebt man wie auf Wolken. Im Sport-Modus krallt er sich fest, bleibt aber immer perfekt ausbalanciert. Und dann gibt’s noch den Party-Trick: Er kann sich in die Kurve neigen, wie ein Motorrad. Ob das sportlich ist? Diskutabel. Aber es reduziert die Querkräfte auf die Insassen. Es ist das komfortabelste und gleichzeitig eines der fähigsten Fahrwerke, das ich je erlebt habe. Der technische Kompromiss? Es ist sauteuer. Und es ist ein weiteres System, das kaputtgehen kann. Aber das Gefühl? Unbezahlbar.

Ist das neue Taycan-Cockpit im Panamera ein Fortschritt?

Das Cockpit (“Porsche Driver Experience”) ist nun volldigital. Es verfügt über ein gebogenes 12,6-Zoll Fahrerdisplay, einen zentralen 12,3-Zoll Touchscreen und optional ein 10,9-Zoll Beifahrerdisplay. Der analoge Drehzahlmesser entfällt. Der Automatik-Wählhebel wandert als kleiner Kippschalter neben das Lenkrad.

Fortschritt? Ja. Besser? Jein. Der analoge Drehzahlmesser ist tot. Das tut weh. Das war das Herzstück jedes Porsche-Cockpits. Jetzt? Ein Curved Display, wie im Taycan oder Q6 e-tron. Sieht gut aus, ist gestochen scharf. Aber es ist eben digital. Seelenlos, sagen manche. Ich sage: Man gewöhnt sich dran. Die Bedienung? Ein Mix. Der Wählhebel am Armaturenbrett? Find ich gut, schafft Platz in der Mittelkonsole für (immerhin noch physische) Klimaregler. Das Infotainment? Schnell, logisch, gut. Aber es ist eben sehr viel Touch. Sehr viel Bildschirm. Das Beifahrerdisplay? Braucht kein Mensch, lenkt nur ab. Insgesamt wirkt es moderner, cleaner. Aber auch kälter. Der Charme der alten, Tasten-überladenen Mittelkonsole ist weg. Ein notwendiger Schritt in die Zukunft, aber einer, der Emotionen kostet.

Historischer Kontext: Wie der Panamera Porsche gespalten und gerettet hat

Als der erste Panamera (G1) 2009 kam, war der Aufschrei groß. Ein viertüriger Porsche? Eine “Buckelwal”-Limousine? Die Puristen liefen Sturm. Aber genau wie der Cayenne rettete der Panamera die Marke. Er erschloss neue Märkte (China, USA) und neue Zielgruppen, die einen Porsche fahren wollten, aber Platz für mehr als nur einen Golfbag brauchten. Er war von Anfang an fahrdynamisch eine Sensation – eine E-Klasse, die sich fuhr wie ein 911er. Die zweite Generation (G2, ab 2016) bügelte den größten Fehler aus: das plumpe Heck. Sie wurde wunderschön, bekam den praktischen Sport Turismo (Kombi) und etablierte sich als Benchmark für sportliche Luxuslimousinen. Die neue Generation G3 ist nun die logische Evolutionsstufe: Hybridisierung und Digitalisierung, um relevant zu bleiben. Er bleibt der Sportwagen im Limousinen-Segment.

Advokat des Teufels: Was ist das stärkste Argument GEGEN den Panamera G3?

Neben dem exorbitant hohen Preis (startet bei ca. 108.000 € für den Basis-V6, der Turbo E-Hybrid bei fast 193.000 €!) und der fehlenden DC-Ladefunktion beim PHEV ist es der Verlust an analogem Charakter.

Der G3 ist ein Hightech-Monster. Das Active Ride Fahrwerk, das digitale Cockpit, der komplexe Hybrid-Antrieb – das alles ist technisch brillant, keine Frage. Aber es schafft auch Distanz. Man fährt nicht mehr, man wird gefahren. Das Auto filtert alles weg – Wankbewegungen, Nickbewegungen, fast schon das Gefühl für die Straße. Und innen? Bildschirme statt Zeiger. Das ist faszinierend, aber es ist nicht mehr das rohe, mechanische Gefühl, das Porsche mal ausgemacht hat. Ein 911 (selbst der neue 992.2) ist da noch ehrlicher. Der Panamera ist zum perfekten, aber vielleicht auch etwas kühlen Technologie-Träger geworden. Man bewundert ihn mehr, als dass man ihn liebt.

Zukünftiger Ausblick: Der letzte Verbrenner-Panamera?

Sehr wahrscheinlich, ja. Die G3-Generation wird wohl bis ca. 2030 laufen. Porsches Strategie ist klar: Bis 2030 sollen über 80% der Neufahrzeuge vollelektrisch sein. Der Macan ist schon elektrisch. Der 718 (Boxster/Cayman) wird elektrisch. Ein Cayenne EV kommt. Es ist fast sicher, dass der Nachfolger des Panamera (G4) ein reines Elektroauto sein wird. Vielleicht teilt er sich dann die SSP-Sport-Plattform mit dem Taycan-Nachfolger oder einem 911-Derivat. Der G3, insbesondere der Turbo E-Hybrid, ist also der Schwanengesang des Verbrennungsmotors (V8!) in der viertürigen Porsche-Limousine. Ein letztes, glorreiches Aufbäumen der alten Welt, vollgestopft mit der besten Technik, die sie zu bieten hat.

Merkmal
Porsche Panamera 4 E-Hybrid (erw.)*
Mercedes-AMG GT 63 S E Perf.
BMW 8er Gran Coupé (M850i)
Konzept
Luxus-Limo, V6 PHEV AWD
4-Türer-Coupé, V8 PHEV AWD
4-Türer-Coupé, V8 MHEV AWD
Leistung (ca.)
ca. 470-520 PS (?)
843 PS (System)
530 PS
Akku (Netto)
ca. 21,8 kWh
6,1 kWh
(nur MHEV)
E-Reichw. (WLTP)
ca. 90 km
ca. 12 km
DC-Laden
Nein
Nein (aber irrelevant)
Fahrwerk
Active Ride (Opt.)
Adaptiv, Luftfederung (Opt.)
Adaptiv, Wankstabilisierung
Preis (Basis, ca.)
ab 120.000 € (?)
ab 208.000 €
ab 140.000 €
Anmerkung: Tabelle vergleicht den (noch nicht vorgestellten, aber logischen) V6-Hybrid G3 mit Konkurrenten, da der Turbo E-Hybrid preislich darüber liegt.

Fazit: Der neue Porsche Panamera (G3) ist ein Statement. Er ist eine technologische Meisterleistung, insbesondere das “Active Ride” Fahrwerk ist Magie. Das Cockpit ist modern, die Plug-in-Hybride sind dank des großen Akkus und des 11 kW-Laders endlich alltagstauglich geworden. Aber er ist auch ein Auto der Kompromisse: Das Fehlen der DC-Ladefunktion beim PHEV ist ein klarer Patzer. Der Verlust des analogen Drehzahlmessers schmerzt Traditionalisten. Und der Preis ist schlichtweg astronomisch. Er bleibt der fahraktivste Luxusliner seiner Klasse, aber er erkauft sich diese Dynamik mit einer Komplexität, die ihn weiter vom reinen Fahrerlebnis entfernt. Ein faszinierendes, perfektes, aber auch etwas kühles Stück Ingenieurskunst. Der König der Viertürer? Technisch ja. Emotional? Diskutabel.

Galerie

Author: Alex Wind
Alex Wind ist Gründer von HH-AUTO und Chefredakteur des Mediennetzwerks. Als studierter Fahrzeugtechniker (FH Esslingen) mit über 10 Jahren Erfahrung in der Automobilindustrie (u.a. Qualitätssicherung) und Mitglied im Verband der Automobiljournalisten (VDAJ), legt er den Fokus auf fundierte Testberichte, technische Analysen und Import-Checks.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert