Prius. Kaum ein Name ist so untrennbar mit dem Hybrid-Antrieb verbunden wie dieser. Er war der Pionier, der Bestseller, oft belächelt, aber technisch wegweisend. Doch die Zeiten ändern sich, die Konkurrenz holt auf, und reine Vollhybride wirken fast schon altmodisch. Toyotas Antwort? Eine Revolution! Die fünfte Generation des Prius, seit 2023 auf dem Markt, bricht radikal mit dem biederen Öko-Image. Flach, keilförmig, fast schon sportlich sieht er aus. Und unter dem Blech? Zumindest in Deutschland gibt es ihn nur noch als starken Plug-in-Hybrid mit großer elektrischer Reichweite. Ist das noch der Prius, den wir kennen? Oder hat Toyota hier seine Ikone neu erfunden – und dabei vielleicht ihre Seele verkauft? Ein Härtetest.
Was ist der neue Toyota Prius Plug-in-Hybrid und für wen ist er?
Der Toyota Prius Plug-in-Hybrid (Generation XW60) ist eine fünftürige Schräghecklimousine der Kompakt-/Mittelklasse. Er basiert auf der zweiten Generation der TNGA-C Plattform. In Deutschland wird er ausschließlich als PHEV angeboten, der einen 2.0L Vierzylinder-Benziner mit einem Elektromotor und einer 13,6 kWh Batterie kombiniert. Systemleistung: 164 kW (223 PS).
Man muss sich die Augen reiben. Das soll ein Prius sein? Flach wie eine Flunder (Höhe nur 1,42 m!), riesige Räder, versteckte Türgriffe hinten. Sieht aus wie eine Studie! Weg ist das schrullige Design der Vorgänger, hin zu einer Dynamik, die man eher bei sportlichen Coupés vermuten würde. Aber warum nur noch als Plug-in? Toyota sagt: Der europäische Markt verlangt das. Übersetzt: Die CO2-Flottenziele lassen sich mit reinen Vollhybriden in dieser Klasse kaum noch erreichen, und Plug-ins bringen Steuer-Vorteile und höhere Margen. Der Prius wird also vom sparsamen Jedermann-Auto zum effizienten, aber auch teureren Teilzeit-Stromer für Pendler mit Lademöglichkeit. Eine klare Neupositionierung. Er zielt jetzt eher auf designorientierte Privatkäufer und Firmenwagenberechtigte als auf reine Sparfüchse.
Wie schlägt sich der neue PHEV-Antrieb bei Leistung und Reichweite?
Der Antrieb kombiniert einen 2.0L Vierzylinder-Benziner (Atkinson-Zyklus, 151 PS) mit einem Elektromotor (120 kW / 163 PS) und einer 13,6 kWh (brutto) Lithium-Ionen-Batterie. Die Systemleistung beträgt 164 kW (223 PS). Der Antrieb erfolgt über die Vorderräder mittels eines Planetengetriebes (e-CVT).
223 PS! Das ist fast doppelt so viel wie im alten Prius Vollhybrid. Und das merkt man. Der neue Prius PHEV ist richtig flott. 0 auf 100 km/h in 6,8 Sekunden – das ist GTI-Niveau! Dabei bleibt er meistens leise und souverän. Der Benziner schaltet sich nur bei starker Leistungsanforderung oder leerem Akku zu und ist deutlich besser gedämmt als früher. Das Zusammenspiel der Komponenten wirkt sehr harmonisch. Aber das eigentliche Highlight ist die elektrische Reichweite. Toyota verspricht bis zu 86 km (WLTP), mit optionalen 17-Zoll-Rädern sogar noch mehr. Im realen Testbetrieb sind das locker 65 bis 75 Kilometer – ein Spitzenwert für einen PHEV dieser Klasse! Damit wird der Prius im Alltag quasi zum Elektroauto. Das ist beeindruckend. Effizienz können sie bei Toyota einfach.
Tipp von Alex Wind: Wer maximale E-Reichweite will, sollte bei den serienmäßigen 17-Zoll-Rädern bleiben. Die optionalen 19-Zöller sehen zwar schicker aus, kosten aber gut 10-15 km Reichweite.
Wie schnell lädt der Prius PHEV?
Der Prius Plug-in-Hybrid lädt ausschließlich über Wechselstrom (AC). Die maximale Ladeleistung beträgt nur 3,3 kW (einphasig). DC-Schnellladen ist nicht möglich.
Und da ist er, der große Dämpfer. Eine tolle E-Reichweite, aber nur 3,3 kW Ladeleistung? Im Jahr 2025? Das ist schlichtweg zu wenig. Mini-Fallstudie: Der Ladevorgang
- Problem: Der 13,6 kWh Akku ist leer und soll wieder voll werden.
- Aktion: Anschluss an eine Wallbox oder öffentliche AC-Säule (die meist 11 oder 22 kW bietet).
- Messbares Ergebnis: Der Ladevorgang (0-100%) dauert quälend lange 4 Stunden. An einer Haushaltssteckdose (2,3 kW) sind es über 6 Stunden.
Das limitiert die Flexibilität enorm. Mal eben beim Einkaufen nachladen? Bringt kaum was. Selbst über Nacht an der Schuko-Dose wird es knapp, wenn der Akku ganz leer ist. Warum Toyota hier so spart, ist unverständlich. Konkurrenten (selbst der viel günstigere Dacia Spring!) laden schneller. Das ist der größte technische Kompromiss des neuen Prius und ein klares Manko. Schade, Toyota!
Ist das neue Cockpit modern und praktisch?
Das Interieur wurde komplett neu gestaltet. Es verfügt über ein kleines, hochgesetztes 7-Zoll-Fahrerdisplay und einen zentralen 12,3-Zoll-Touchscreen (Toyota Smart Connect+). Die Bedienung kombiniert Touch-Elemente mit physischen Tasten (z.B. für Klima). Die Materialien sind hochwertig, das Design klar und fahrerorientiert.
Ein riesiger Fortschritt gegenüber dem alten Prius-Cockpit! Das kleine Fahrerdisplay sitzt jetzt über dem Lenkradkranz, ähnlich wie bei Peugeot. Ist gewöhnungsbedürftig, aber man blickt nicht mehr durch das Lenkrad. Funktioniert erstaunlich gut. Der große Zentralbildschirm ist gut erreichbar, das System reagiert schnell und bietet moderne Konnektivität (kabelloses CarPlay/Android Auto, Online-Navigation). Und: Danke, Toyota, für die physischen Klimatasten! Das ist so viel besser als die Touch-Wüsten mancher Konkurrenten. Die Materialqualität ist gut, viel Soft-Touch, solide Verarbeitung. Aber das Platzangebot? Das ist der Preis für das schicke Design. Vorne sitzt man gut, aber im Fond wird es eng. Die Kopffreiheit leidet massiv unter der flachen Dachlinie, große Erwachsene fühlen sich eingezwängt. Und der Kofferraum? Nur 284 Liter! Das ist ein schlechter Scherz für ein fast 4,60 Meter langes Auto. Die Batterie und das flache Heck fordern hier ihren Tribut. Praktisch ist anders.
Wie fährt er sich? Immer noch Sparmobil oder jetzt Sportler?
Das Fahrwerk nutzt vorne McPherson-Federbeine und hinten eine neue Doppelquerlenkerachse. Die Abstimmung ist deutlich straffer als bei früheren Prius-Generationen, ohne unkomfortabel zu sein. Die Lenkung ist präzise und direkt.
Endlich fährt ein Prius richtig gut! Das muss man klar sagen. Die neue Plattform (TNGA-C Gen 2) und die aufwendigere Hinterachse machen sich bezahlt. Er lenkt willig ein, liegt satt auf der Straße, wankt wenig. Das macht richtig Spaß auf kurvigen Strecken. Gleichzeitig federt er immer noch komfortabel genug für die Langstrecke. Die 223 PS sorgen für souveränen Schub. Ist er ein Sportwagen? Nein. Aber er ist ein dynamisches, agiles Auto, das sich deutlich engagierter fährt als seine Vorgänger. Der technische Kompromiss ist vielleicht die etwas eingeschränkte Übersichtlichkeit durch das flache Design. Aber fahrdynamisch ist der neue Prius eine echte Überraschung. Hut ab!
Historischer Kontext: Vom Öko-Pionier zur Design-Ikone?
Der erste Prius (1997) war eine technische Revolution – das erste Großserien-Hybridauto. Er war hässlich wie die Nacht, aber er definierte eine neue Fahrzeuggattung. Generation 2 (2003) wurde mit seiner Keilform zur Ikone des Öko-Lifestyles (Hollywood fuhr Prius!). Generation 3 (2009) und 4 (2015) wurden technisch immer besser, aber optisch immer schrulliger. Sie waren die Vernunftautos schlechthin. Die fünfte Generation (ab 2023) ist nun der radikale Bruch: Design vor Funktion. Sportlichkeit vor maximaler Sparsamkeit (zumindest in der Wahrnehmung). Und der Fokus auf Plug-in-Hybrid in Europa zeigt: Der Prius will kein Massenmodell mehr sein, sondern ein technologisches Aushängeschild, ein “Halo Car” für Toyotas Hybrid-Kompetenz. Eine bemerkenswerte Wandlung.
Advokat des Teufels: Was sind die größten Nachteile des neuen Prius?
Neben dem extrem langsamen AC-Laden und dem winzigen Kofferraum sind es:
- Platz im Fond: Zu eng für ein Auto dieser Größe, insbesondere die Kopffreiheit.
- Hoher Preis: Als ausschließlich gut ausgestatteter PHEV startet der Prius bei über 45.000 Euro. Das ist viel Geld für einen “Prius”, auch wenn er technisch top ist.
- Keine Vollhybrid-Option (in DE): Für viele treue Prius-Kunden, die einfach nur ein sparsames Auto ohne Ladekabel wollten, fällt die attraktivste Option weg.
- Design-Kompromisse: Die flache Linie sieht toll aus, schränkt aber Sicht und Platz ein.
Er ist wunderschön und technisch stark, aber unpraktisch und teuer geworden.
Anekdote: Der unsichtbare Motor
Ich fuhr den Prius PHEV eine Woche lang im Alltag – zur Arbeit, zum Einkaufen, kurze Ausflüge. Dank der hohen E-Reichweite sprang der Benzinmotor in dieser ganzen Woche kein einziges Mal an! Ich war rein elektrisch unterwegs. Erst als ich am Wochenende eine längere Autobahnetappe fuhr, meldete sich der Vierzylinder leise zu Wort. Dieses Gefühl, ein “normales” Auto zu fahren, das aber im Alltag funktioniert wie ein reines E-Auto, ohne Reichweitenangst – das ist die Stärke eines wirklich guten Plug-in-Hybrids. Und der Prius macht das (abgesehen vom langsamen Laden) verdammt gut.
Vergleich mit Plug-in-Hybrid Konkurrenten
Merkmal | Toyota Prius PHEV (2025) | VW Golf GTE (neu) | Opel Astra GSe | Peugeot 308 Hybrid 225 |
Systemleistung | 223 PS | 272 PS | 225 PS | 225 PS |
Akku (Netto) | ca. 12 kWh (?) | 19,7 kWh | 12,4 kWh | 12,4 kWh |
E-Reichw. (WLTP) | ca. 72-86 km | > 100 km | ca. 63 km | ca. 60 km |
AC-Laden (max.) | 3,3 kW | 11 kW | 7,4 kW (Opt.) | 7,4 kW (Opt.) |
DC-Laden | Nein | Ja (50 kW) | Nein | Nein |
Kofferraum | 284 L | ca. 270 L | ca. 350 L | ca. 360 L |
Preis (Basis, ca.) | ab 45.290 € | ab 47.000 € (?) | ab 48.650 € | ab 47.700 € |
Fazit: Der neue Toyota Prius Plug-in-Hybrid ist eine radikale Neuinterpretation einer Ikone. Er sieht umwerfend aus, fährt sich überraschend dynamisch und bietet eine exzellente elektrische Reichweite, die ihn im Alltag zum Quasi-Elektroauto macht. Der Innenraum ist modern und hochwertig. Die Schwächen liegen klar im extrem langsamen AC-Laden, dem winzigen Kofferraum und dem engen Fond – Zugeständnisse an das atemberaubende Design. Er ist kein pragmatischer Lademeister mehr, sondern ein stylischer Effizienz-Sportler für Individualisten. Wer mit den praktischen Einschränkungen leben kann und primär im Alltag elektrisch unterwegs ist, findet hier einen faszinierenden, wenn auch nicht ganz billigen, Technologieträger mit Wow-Effekt. Der Name bleibt, aber der Prius ist ein völlig neues Auto geworden.


































