Analyse & Ausblick: Der neue Dodge Charger (2025) – E-Muskeln oder Hurricane-Power statt V8?

Dodge drückt den Reset-Knopf. Und zwar mit Karacho! Nach dem emotionalen Abschied vom V8-Challenger und -Charger steht nun der Nachfolger bereit – und er bricht radikal mit fast allem, was die Marke bisher ausmachte. Der neue Charger kommt zuerst als zweitüriges Coupé (ja, richtig gelesen!), basiert auf der modernen STLA Large Plattform und startet als rein elektrischer “Daytona” mit bis zu 680 PS. Später folgt der “Sixpack” mit einem potenten Reihensechszylinder-Biturbo. Ein Elektro-Muscle-Car? Ein Sechszylinder statt HEMI? Kann das funktionieren? Und die wichtigste Frage für uns: Werden wir dieses amerikanische Spektakel überhaupt jemals offiziell in Deutschland sehen? Wohl kaum. Aber schauen wir uns trotzdem an, was da auf uns zurollen könnte – oder eben nicht.

Was genau ist der neue Dodge Charger (Generation LB)?

Der Dodge Charger (LB) ist ein neues Fahrzeugmodell auf der STLA Large Plattform von Stellantis, das ab 2025 sowohl den bisherigen Charger als auch den Challenger ersetzt. Er startet als zweitüriges Coupé, eine viertürige Limousine folgt. Angeboten werden rein elektrische Versionen (“Daytona” R/T, Scat Pack) und Varianten mit 3.0L Reihensechszylinder-Biturbo (“Sixpack” S.O., H.O.).

Ein Charger als Coupé? Da mussten selbst wir alten Hasen zweimal hinschauen. Aber ja, Dodge wirft die Nomenklatur über den Haufen. Der Neue soll beide Ikonen beerben. Und das auf der STLA Large Plattform. Das ist die moderne, flexible Architektur von Stellantis, die auch unter dem nächsten Alfa Romeo Giulia/Stelvio oder dem Jeep Wagoneer S stecken wird. Also: Technisch endlich im 21. Jahrhundert angekommen. Weg von der alten Mercedes-Plattform. Das ist gut. Aber dann: Elektro?! Ein Muscle Car, das surrt statt blubbert? Das ist, gelinde gesagt, mutig. Nein, eigentlich ist es fast schon Blasphemie für die V8-Jünger. Immerhin schieben sie später noch einen Sechszylinder-Turbo (“Hurricane”) nach. Als Trostpflaster? Oder als heimlicher Star? Man wird sehen.

Elektro-Power: Was steckt im Charger Daytona R/T und Scat Pack?

Die Daytona-Modelle nutzen eine 400V-Systemarchitektur mit einer ca. 100,5 kWh (brutto) Batterie und zwei Elektromotoren (Allradantrieb). Der R/T leistet standardmäßig 340 kW (462 PS), boostet auf 370 kW (503 PS). Der Scat Pack leistet standardmäßig 440 kW (598 PS), boostet auf 500 kW (680 PS). Die Reichweiten (EPA-Schätzungen) liegen bei ca. 510 km (R/T) bzw. 418 km (Scat Pack).

Okay, 400 Volt. Das ist die erste Enttäuschung. Die STLA Large kann 800 Volt, siehe Maserati Grecale Folgore (obwohl der auch nur 400V effektiv nutzt?) oder der kommende Alfa. Warum hier nur 400 Volt? Kosten? Differenzierung im Konzern? Man weiß es nicht. Aber bei einer 100 kWh Batterie bedeutet das längere Ladezeiten. Dodge spricht von ca. 27 Minuten von 20 auf 80 % an einem 350 kW Lader (Peak wohl um 183 kW). Das ist okay, aber eben keine Revolution. Die Leistungswerte? Ordentlich! Schon der R/T geht in 4,7 s auf 100. Der Scat Pack in 3,3 s! Das ist schneller als der alte Hellcat! Brutal. Aber eben… leise? Nein, Moment! Da war ja was…

Der Sound des Schweigens? Was ist der “Fratzonic Chambered Exhaust”?

Der Charger Daytona verfügt über ein optionales System namens “Fratzonic Chambered Exhaust”. Es soll mittels externer Lautsprecher und einer Resonanzkammer einen künstlichen Motorsound erzeugen, dessen Lautstärke (bis 126 dB) und Klangprofil dem eines V8 entsprechen soll.

Ein Auspuff für ein E-Auto? Der V8-Sound aus dem Lautsprecher? Das ist doch Wahnsinn! Oder genial? Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits ist es natürlich total künstlich. Ein Fake. Andererseits: Das Blubbern, das Grollen, das gehört doch irgendwie zum Muscle Car dazu, oder? Ob das System überzeugt? Die ersten Hörproben klingen… interessant. Laut. Bassig. Aber ob es dieses Gänsehaut-Gefühl eines echten HEMI ersetzen kann? Ich bezweifle es stark. Es ist ein Versuch, die alte Welt in die neue zu retten. Ein technologisch faszinierender, aber emotional fragwürdiger Versuch. Vielleicht muss man sich einfach dran gewöhnen, dass E-Muscle-Cars eben anders klingen. Oder eben gar nicht.

Tipp von Alex Wind: Wer überlegt, sich sowas (als Import) zu holen: Hört euch diesen Fratzonic-Sound unbedingt live an. Das könnte Liebe auf den ersten Ton sein – oder das absolute K.O.-Kriterium.

Die Alternative: Was kann der neue Hurricane-Sechszylinder im Charger Sixpack?

Der Charger Sixpack nutzt den neuen 3.0-Liter Reihensechszylinder-Biturbo “Hurricane” von Stellantis, kombiniert mit einer 8-Stufen-Automatik und Allradantrieb. Verfügbar als Standard Output (S.O.) mit 426 PS und High Output (H.O.) mit 558 PS.

Das ist die eigentliche Hoffnung für die Verbrenner-Fans! Der Hurricane-Motor steckt schon im RAM, im Jeep Grand Wagoneer und gilt als richtig gutes Triebwerk. Reihensechser – das ist BMW-Territorium! Laufruhig, drehfreudig, potent. Mit 558 PS im H.O. liegt er locker auf dem Niveau des alten 6.4L HEMI (Scat Pack), bei wahrscheinlich deutlich weniger Verbrauch. Das klingt vielversprechend! Und einen echten Auspuff hat er auch, ganz ohne Lautsprecher. Das könnte der heimliche Star im neuen Charger-Programm werden. Der technische Kompromiss? Kein V8-Blubbern mehr. Aber ein potenter R6-Turbo-Sound ist ja auch nicht zu verachten. Und Allrad ist Serie – für manche Puristen ein Nachteil, für den Alltag aber ein Sicherheitsplus. Ich bin gespannt auf die ersten Fahrberichte mit dem Sixpack!

Wie schlägt sich das neue Interieur – endlich Premium?

Das Cockpit wurde komplett neu gestaltet. Es verfügt über ein frei konfigurierbares digitales Instrumentendisplay (10,25 oder 16 Zoll) und einen zentralen 12,3-Zoll Touchscreen (Uconnect 5 System). Eine neue Ambientebeleuchtung (“Attitude Adjustment Lighting”) mit 64 Farben zieht sich durch den Innenraum. Optionale Sportsitze mit integrierten Kopfstützen sind verfügbar.

Endlich! Das alte Charger/Challenger-Cockpit war ja zuletzt eine Zumutung aus billigem Plastik und veralteter Technik. Der neue Innenraum sieht auf den Bildern Welten besser aus. Großes digitales Cockpit, der bewährte Uconnect 5 Touchscreen (endlich auf Höhe der Zeit!), schicke Ambientebeleuchtung. Das wirkt modern, aufgeräumt. Ob die Materialien wirklich Premium sind, muss man live sehen und fühlen. Aber es ist definitiv ein riesiger Schritt nach vorn. Auch Features wie Head-up-Display oder Kamerasysteme sind jetzt verfügbar. Das passt zum Anspruch der STLA Large Plattform.

Historischer Kontext: Vom HEMI-Mythos zur STLA-Zukunft

Charger und Challenger sind Namen, die für die Muscle-Car-Ära der späten 60er und frühen 70er stehen. Legendäre HEMI-V8, brachiale Leistung, ikonisches Design. Nach einer langen Pause wurden beide Namen in den 2000ern wiederbelebt – auf einer Plattform mit Mercedes-Genen. Sie wurden zu riesigen Erfolgen und trugen den V8-Mythos durch zwei Jahrzehnte. Der Wechsel zur STLA Large Plattform und die Elektrifizierung bzw. der Umstieg auf den Hurricane R6 ist nun der radikalste Bruch in der Geschichte dieser Modelle. Es ist das Ende des klassischen Muscle Cars, wie wir es kannten. Dodge versucht, den “Spirit” (Performance, aggressives Design) in die neue Ära zu retten. Ob das gelingt, muss die Zukunft zeigen. Es ist eine Gratwanderung zwischen Tradition und Transformation.

Advokat des Teufels: Warum ein Import nach Deutschland (fast) unmöglich ist

Ein Grauimport des neuen Dodge Charger (egal ob Daytona oder Sixpack) ist extrem riskant und unwirtschaftlich: 1. Kosten: Sehr hoch durch US-Preis (Daytona ab ca. 50.000$+, Sixpack ähnlich?) + Transport + Zoll (10%) + EUSt. (19%) + Homologation. Realistisch weit über 80.000 – 100.000 Euro. 2. Homologation: STLA Large könnte einfacher sein als alte Plattformen, aber Anpassungen (Licht, Abgas Hurricane?) sind sicher nötig und teuer (§21 StVZO). 3. Service/Ersatzteile: Kein offizielles Dodge-Netz. Service nur bei wenigen Spezialisten. Ersatzteilversorgung für ein brandneues Modell katastrophal. Software-Updates? Fraglich. 4. Größe: Auch der Neue ist ein großes Auto für europäische Verhältnisse. 5. Laden (Daytona): 400V bei 100 kWh Akku bedeutet lange DC-Ladezeiten.

Ich kann mich nur wiederholen: Lasst die Finger davon! Wartet ab, ob Stellantis vielleicht doch noch eine europäische Version auf STLA Large bringt (z.B. von Alfa oder Maserati mit ähnlicher Technik). Aber einen US-Charger importieren? Purer Wahnsinn.

Zukünftiger Ausblick: Setzt sich das E-Muscle-Car durch?

Der neue Charger ist ein riesiges Experiment für Dodge. Kann ein Elektroauto die eingefleischte Muscle-Car-Fangemeinde überzeugen? Der künstliche Sound, das hohe Gewicht, das andere Fahrgefühl – das wird viele Traditionalisten abschrecken. Der Hurricane-Sechszylinder im Sixpack könnte hier als Brücke dienen. Aber langfristig setzt auch Dodge/Stellantis auf Elektro. Der Erfolg des Charger Daytona wird entscheidend dafür sein, ob das Konzept “E-Muscle-Car” eine Zukunft hat oder ob diese Fahrzeuggattung mit dem V8 stirbt. Ich bin skeptisch, aber lasse mich gerne überraschen. Auf dem Papier sind die Leistungsdaten beeindruckend. Aber Muscle Cars waren immer mehr als nur Zahlen. Sie waren ein Lebensgefühl. Ob das Stromern kann?

Merkmal
Dodge Charger Daytona Scat Pack
Ford Mustang Dark Horse
Chevrolet Camaro ZL1 (alt)
BMW M4 Competition xDrive
Konzept
E-Muscle Coupé, AWD
Muscle Coupé, V8 RWD
Muscle Coupé, V8 RWD
Sportcoupé, R6 AWD
Motor
Elektro (Dual Motor)
5.0L V8 Sauger
6.2L V8 Kompressor
3.0L R6 Biturbo
Leistung (ca.)
680 PS (Boost)
507 PS
659 PS
530 PS
0-100 km/h (ca.)
3,3 s
ca. 4,5 s
ca. 3,7 s
3,5 s
Verfügbarkeit DE
Nur Grauimport (?)
Offiziell (limitiert?)
Nur Grauimport (alt)
Offiziell
Preis (Import/Liste, ca.)
> 100.000 € (?)
ab 75.000 € (?)
> 90.000 € (gebraucht)
ab 107.000 €

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Fazit: Der neue Dodge Charger ist eine Zäsur. Er beerdigt den klassischen V8-Mythos und wagt den Sprung ins Elektro-Zeitalter (Daytona) bzw. zur modernen Sechszylinder-Aufladung (Sixpack). Auf dem Papier beeindrucken die Leistungsdaten, das Design ist aggressiv, das Cockpit modern. Ob das reicht, um die alten Fans zu überzeugen und neue zu gewinnen, bleibt abzuwarten. Für uns in Deutschland ist der neue Charger jedoch vorerst nur ein theoretisches Gedankenspiel. Ein offizieller Start ist unwahrscheinlich, ein Grauimport extrem riskant und teuer. Wir werden den amerikanischen Donnervogel wohl nur aus der Ferne beobachten können – gespannt, ob die Revolution gelingt oder der Mythos mit dem V8 gestorben ist.

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Author: Alex Wind
Alex Wind ist Gründer von HH-AUTO und Chefredakteur des Mediennetzwerks. Als studierter Fahrzeugtechniker (FH Esslingen) mit über 10 Jahren Erfahrung in der Automobilindustrie (u.a. Qualitätssicherung) und Mitglied im Verband der Automobiljournalisten (VDAJ), legt er den Fokus auf fundierte Testberichte, technische Analysen und Import-Checks.

2 thoughts on “Analyse & Ausblick: Der neue Dodge Charger (2025) – E-Muskeln oder Hurricane-Power statt V8?

  1. Alles schön- leider kann man das Fahrzeug nirgends kaufen, geschweige denn Probe fahren. Mitte 2024 sollte er verfügbar sein, mittlerweile kommt schon Q2 2025 und noch nix zu sehen. Schlecht – ich denke, dass es irgendwelche Probleme gibt – ähnlich wie VW – die Software … da kommen die Chinesen mit perfekten Autos … Tja eigentlich Schade …

    1. Hey Peter mir geht es genauso wie dir , habe schon mit einigen Händlern gesprochen, nur können sie nicht sagen ob sie weiterhin Elektrofahrzeuge in ihren bestand nehmen möchten. Das ist so schade . ☹️

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