Wenn Sie in Deutschland einen kompakten Premium-SUV suchen, ist das Menü vorhersehbar: BMW X3 (sportlich), Audi Q5 (technisch), Mercedes GLC (gediegen). Alles tolle Autos. Aber auch alles Autos, die Sie an jeder Ampel dreimal sehen. Wer Individualität will, muss leiden – oder importieren. Der Lincoln Corsair (Modelljahr 2026) ist der kleinste Zugang zur amerikanischen Nobelmarke. Er teilt sich die Plattform mit dem Ford Kuga, aber Lincoln hat alles getan, um diese Verwandtschaft zu vertuschen. Während der große Bruder Nautilus mit einem 48-Zoll-Bildschirm protzt, bleibt der Corsair auch 2026 bodenständig. Er setzt auf Ruhe, Leder und eine Federung, die nicht “Nürburgring”, sondern “Wolke 7” buchstabiert. Ich habe den Plug-in-Hybrid “Grand Touring” unter die Lupe genommen. Ist er den Import-Stress wert oder nur ein teurer Ford im Smoking?
BlueCruise in Deutschland: Der Traum vom freihändigen Fahren
In den USA ist “Lincoln BlueCruise 1.4” das Verkaufsargument Nummer 1: Hände weg vom Lenkrad auf dem Highway.
Hier kommt die bittere Wahrheit für Import-Kunden: Vergessen Sie es. Auch wenn Ford für den Mustang Mach-E in Deutschland eine BlueCruise-Freigabe hat – bei einem grau importierten Lincoln fehlen oft die europäischen Kartendaten und die spezifische Homologation für das System. Ihr High-Tech-Assistent wird in Deutschland also voraussichtlich nur als normaler adaptiver Tempomat mit Spurhaltung funktionieren. Das ist gut, aber kein “Hands-Free”. Wenn Sie den Corsair nur deswegen wollen: Lassen Sie es.
Grand Touring (PHEV): Der schlaue Antrieb
Das Topmodell “Grand Touring” kombiniert einen 2.5-Liter-Atkinson-Vierzylinder mit zwei Elektromotoren (elektrischer Allrad). Systemleistung: 196 kW (266 PS).
Das ist der Sweetspot für Deutschland. Der “normale” 2.0-Liter-Turbo (250 PS) ist okay, aber er säuft (10 Liter sind normal). Der PHEV hingegen ist technisch fast identisch mit dem Ford Kuga PHEV – und das ist eine gute Nachricht. Das System ist ausgereift, effizient und schaltet butterweich. Der entscheidende Unterschied zum Ford: Die Dämmung. Lincoln verbaut eine doppelte Spritzwand (Motorraum-Dämmung) und Active Noise Control. Wenn der Benziner anspringt, hören Sie das kaum. Sie gleiten dahin. Das Fahrwerk ist adaptiv (CCD) und filtert Kopfsteinpflaster weg, als wäre es Teppichboden. Ein BMW X3 wirkt dagegen nervös und hart.
Innenraum: “Sanctuary” statt Disko
Das Cockpit wird von einem 13,2-Zoll-Touchscreen dominiert. Das Modelljahr 2026 bringt neue Farben wie “Smoked Truffle” und “Eternal Red”.
Das ist “Quiet Flight”. Kein Bling-Bling, keine riesigen Lichtleisten, die im Takt der Musik pulsieren. Einfach nur Ruhe. Die “Perfect Position” Sitze (24-fach verstellbar, mit Massage für beide Oberschenkel separat!) sind die besten in dieser Fahrzeugklasse. Punkt. Das Infotainment (Sync 4) ist solide. Da es sich um einen US-Import handelt, wird das Navi ohne europäische Karten nutzlos sein. Aber dank Wireless Apple CarPlay und Android Auto ist das im Jahr 2026 egal. Ihr Handy ist das Navi. Einziges Manko: Die Tasten für die Gangwahl (“Piano Key Shifter”) im Armaturenbrett sind gewöhnungsbedürftig. Man greift oft ins Leere, wo normalerweise der Hebel wäre.
Import & Kosten: Die Ford-Connection hilft
Ein Lincoln Corsair Grand Touring kostet in den USA voll ausgestattet ca. 55.000 bis 60.000 Dollar. Inklusive Import, Zoll (10%), Steuer (19%) und Umrüstung landen Sie in Deutschland bei ca. 70.000 bis 75.000 Euro.
Das ist viel Geld für einen “Kuga”. Aber vergleichen Sie es mit einem Audi Q5 55 TFSI e. Der kostet ähnlich viel, ist aber härter und weniger exklusiv. Der große Vorteil des Corsair gegenüber anderen Exoten (wie Cadillac oder Genesis): Unter dem Blech ist es ein Ford. Viele Ford-Händler in Deutschland können (und wollen) den Service übernehmen, da Diagnose-Geräte und Teile (Filter, Bremsen) oft identisch mit dem Kuga oder Edge sind. Das senkt das Risiko drastisch. Sie fahren einen Exoten, aber Sie warten ihn zu Hausmannskost-Preisen (fast).
Komfort vor Sport
Feature | Lincoln Corsair Grand Touring (Import) | Audi Q5 50 TFSI e | Mercedes GLC 300 e |
Antrieb | 2.5L PHEV (266 PS) | 2.0L PHEV (299 PS) | 2.0L PHEV (313 PS) |
Fahrwerk | Sehr Weich (CCD) | Ausgewogen/Straff | Komfortabel (Luft) |
Sitze | 24-Wege Massage | Sportsitze | Multikontur |
Wartung | Ford-Basis (Gut machbar) | Audi-Premium | Mercedes-Premium |
Image | US-Gentleman | Deutscher Manager | Deutscher Manager |
Preis (DE) | ca. 72.000 € (Import) | ca. 75.000 € | ca. 78.000 € |
Fazit: Der SUV für den Rücken (und die Nerven)
Der Lincoln Corsair (2026) ist kein Auto für die linke Spur. Bei 180 km/h (oft abgeregelt bei US-Modellen) ist Schluss, und er liegt auch nicht so satt wie ein Deutscher. Aber er ist das perfekte Auto für den entspannten Heimweg. Er entschleunigt. Wenn Sie einen SUV suchen, der Sie massiert, von der Außenwelt abschirmt und dabei nicht aussieht wie ein Raumschiff: Importieren Sie den Corsair Grand Touring. Suchen Sie sich einen Ford-Händler, der Lust auf Service hat, und genießen Sie das Gefühl, das einzige Auto weit und breit zu fahren, das nicht aggressiv guckt.




































