Der Name ist eine Legende, doch das Auto ist eine Revolution. Der Mazda 6 kehrt für 2025 zurück, aber vergessen Sie alles, was Sie über seinen Vorgänger wussten. Der neue Mazda 6e ist kein Update, sondern ein kompletter Neustart: eine rein elektrische Liftback-Limousine mit Heckantrieb, entwickelt in Kooperation mit Changan. In einem Markt, der von Tesla dominiert und von Effizienz-Rekorden besessen ist, wählt Mazda einen anderen Weg. Wir analysieren im ersten Test, ob diese Strategie aufgeht und für wen der schönste Elektro-Japaner die richtige Wahl ist.
Was ist das technische Konzept des neuen Mazda 6e?
Der Mazda 6e basiert auf der EPA1-Plattform des chinesischen Partners Changan und ist ein reines Elektrofahrzeug mit Heckantrieb. Für den deutschen Markt sind zwei Versionen geplant, die sich fundamental in ihrer Batterietechnologie und Ladeleistung unterscheiden. Die Standardversion nutzt eine moderne LFP-Batterie (Lithium-Eisenphosphat) mit 68,8 kWh, während die Long-Range-Version auf eine klassische NCM-Zelle (Nickel-Cobalt-Mangan) mit 80 kWh setzt.
Mit einer Länge von 4,92 Metern ist der 6e außergewöhnlich groß für seine Klasse und überragt einen Tesla Model 3 um fast 20 Zentimeter. Statt einer klassischen Limousinen-Heckklappe besitzt er eine große Liftback-Öffnung, was die Praktikabilität erhöht. Der Fokus liegt klar auf elegantem Design und einem hochwertigen Innenraum, womit er sich bewusst von der spartanischen Konkurrenz abheben will.
Wie schlagen sich die beiden Antriebsvarianten in der Praxis?
Hier offenbart sich der wichtigste Ingenieurskompromiss des Mazda 6e. Die Wahl zwischen der Standard- und der Long-Range-Version ist nicht nur eine Frage der Reichweite, sondern eine Entscheidung zwischen Lade-Performance und maximaler Distanz.
- Standard Range (68,8 kWh LFP): Diese Version mit 190 kW (258 PS) und 479 km WLTP-Reichweite ist aus unserer Sicht die schlüssigere Wahl. Die LFP-Technologie ist robust und erlaubt eine beeindruckende DC-Ladeleistung von bis zu 165 kW, was einen Ladevorgang von 10-80 % in schnellen 24 Minuten ermöglicht.
- Long Range (80 kWh NCM): Obwohl diese Variante mit 552 km die größere Reichweite bietet, ist sie mit 180 kW (245 PS) etwas schwächer und – was entscheidend ist – ihre Ladeleistung ist auf enttäuschende 95 kW begrenzt. Der Ladevorgang von 10-80 % dauert hier fast doppelt so lang (ca. 47 Minuten).
Problem-Lösungs-Fall:
- Problem: Wie schafft man auf Langstrecken Vertrauen, wenn die Konkurrenz teils schneller lädt?
- Lösung (nur Standard-Version): Durch den Einsatz der LFP-Batterie mit einer sehr flachen Ladekurve. Der 6e kann die hohe Ladeleistung über einen langen Zeitraum halten.
- Quantifiziertes Ergebnis: Während einige Konkurrenten nach einem kurzen Peak ihre Ladeleistung stark drosseln, lädt der 6e Standard Range konstant schnell. Das Ergebnis ist eine verlässliche und planbare Reisezeit, die den Nachteil der etwas geringeren Reichweite in der Praxis oft kompensiert.
Tipp von Alex Wind: Lassen Sie sich nicht allein von der maximalen Reichweite der Long-Range-Version blenden. Für die meisten Fahrerprofile, die auch regelmäßig Langstrecken zurücklegen, ist die Standard-Version mit ihrer überlegenen Lade-Performance die deutlich praxistauglichere und nervenschonendere Wahl. Der Zeitgewinn an der Ladesäule ist oft wertvoller als die 50-70 zusätzlichen Kilometer Nenn-Reichweite.
Technische Daten (Mazda 6e, Standard Range)
Merkmal | Daten |
Motor | Permanentmagnet-Synchronmotor, hinten |
Batteriekapazität | 68,8 kWh (brutto), LFP-Chemie |
Leistung | 190 kW / 258 PS |
Drehmoment | 320 Nm |
Antrieb | Heckantrieb |
0-100 km/h | 7,6 s |
Höchstgeschwindigkeit | 175 km/h |
Reichweite (WLTP) | ca. 479 km |
DC-Ladeleistung (max.) | 165 kW |
Grundpreis (DE) | ca. 45.000 € (geschätzt) |
Ist das reduzierte Cockpit im Alltag funktional?
Mazda, einst ein Verfechter physischer Tasten und intuitiver Dreh-Drück-Steller, vollzieht im 6e eine radikale Kehrtwende. Das Cockpit wird von einem riesigen 14,6-Zoll-Touchscreen dominiert, physische Tasten für Klima oder Radio gibt es quasi nicht mehr.
Dies ist ein mutiger Schritt, der polarisieren wird. Die Analogie zum Smartphone drängt sich auf: Wer bereit ist, sich auf eine neue Bedienlogik einzulassen und primär über den Touchscreen zu interagieren, wird die aufgeräumte Ästhetik schätzen. Traditionalisten und Verfechter der “blinden” Bedienbarkeit während der Fahrt werden jedoch den bewährten Multi-Commander von Mazda schmerzlich vermissen. Mazda versucht dies durch eine gute Sprachsteuerung und ein großes Head-up-Display mit Augmented-Reality-Funktionen zu kompensieren, was in der Praxis erstaunlich gut funktioniert.
Wie positioniert sich der Mazda 6e gegenüber Tesla, VW und Co.?
Der Mazda 6e ist kein direkter Angreifer, sondern eine kluge Alternative. Er zielt auf eine Lücke im Markt, die von performance-getriebenen Konkurrenten hinterlassen wird. Wer sich für das eleganteste Design und ein überlegenes Qualitätsgefühl im Innenraum entscheidet, opfert die klassenbeste Beschleunigung und (im Falle der Long-Range-Version) die schnellste Ladezeit.
Er ist die Wahl für den “erwachsenen” Elektroauto-Fahrer, dem Ästhetik und Souveränität wichtiger sind als der Ampelsprint. Besonders gegenüber einem Tesla Model 3 punktet er mit seinem größeren Platzangebot und dem hochwertigeren Interieur. Ein VW ID.7 ist zwar ähnlich geräumig, aber auch deutlich teurer in der Anschaffung.
Vergleichstabelle der direkten Konkurrenten
Modell | Mazda 6e (Standard) | Tesla Model 3 (RWD) | VW ID.7 Pro |
Konzept | Design & Qualität | Performance & Effizienz | Raum & Langstrecke |
Leistung | 190 kW / 258 PS | ca. 208 kW / 283 PS | 210 kW / 286 PS |
0-100 km/h | 7,6 s | 6,1 s | 6,5 s |
Reichweite (WLTP) | ca. 479 km | ca. 513 km | ca. 621 km |
DC-Ladezeit (10-80%) | ca. 24 min | ca. 25 min | ca. 28 min |
Grundpreis (DE) | ca. 45.000 € | ca. 43.000 € | ca. 57.000 € |
Fazit: Für wen ist der neue Mazda 6e die richtige Wahl?
Der Mazda 6e ist eine mutige und notwendige Neuinterpretation einer Legende. Er ist kein Auto, das versucht, in jeder technischen Disziplin der Beste zu sein. Stattdessen konzentriert er sich auf die traditionellen Stärken von Mazda – Design, Anmutung und ein harmonisches Fahrerlebnis – und überträgt diese in das Elektrozeitalter.
Er ist die perfekte Wahl für Käufer, die vom sterilen oder übermäßig aggressiven Auftritt vieler aktueller Elektroautos abgeschreckt sind. Wer ein wunderschönes, hervorragend verarbeitetes und geräumiges Elektroauto für den Alltag und die gelegentliche Langstrecke sucht und dafür bereit ist, auf die letzten Zehntel bei der Beschleunigung zu verzichten, findet im Mazda 6e eine der attraktivsten Alternativen auf dem Markt. Er ist nicht der schnellste, aber vielleicht der schönste Weg, elektrisch zu fahren.
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