Im hart umkämpften Segment der mittelgroßen Transporter, in dem jeder Kubikmeter Ladevolumen und jeder Cent pro Kilometer zählt, ist Stillstand ein Rückschritt. Peugeot ist sich dessen bewusst und spendiert seinem bewährten Lastenträger, dem Expert, für das Modelljahr 2025 ein umfassendes Facelift. Mit einer markanten neuen Front im Stil der Pkw-Modelle, einem volldigitalen i-Cockpit und einer verbesserten Reichweite für die Elektroversion E-Expert soll der praktische Franzose gegen die frische Konkurrenz bestehen. Doch halten die digitalen Versprechen auch im harten Arbeitsalltag, was sie auf dem Papier suggerieren? Wir haben den neuen Expert als Kastenwagen und Combi getestet und klären, ob die Modernisierung gelungen ist und welche Version für wen die klügste Investition darstellt.
Was ist der neue Peugeot Expert und an wen richtet er sich?
Der Peugeot Expert des Modelljahres 2025 ist die umfassend überarbeitete Version der dritten Generation des bewährten mittelgroßen Transporters. Er ist kein von Grund auf neues Fahrzeug, sondern ein gezieltes Facelift, das ihn technologisch und optisch ins neue Jahrzehnt holen soll. Er richtet sich primär an gewerbliche Nutzer wie Handwerker, Lieferdienste und Dienstleister, die einen variablen, wirtschaftlichen und modernen Lademeister suchen. Gleichzeitig zielt die Pkw-Variante, der Expert Combi, auf große Familien und Shuttle-Dienste ab, die eine pragmatische Alternative zum klassischen Van oder SUV benötigen.
Das Update konzentriert sich auf drei Kernbereiche: ein modernisiertes Frontdesign mit der neuen Peugeot-Markenidentität, ein komplett digitalisiertes Cockpit mit 10-Zoll-Instrumenten und 10-Zoll-Infotainment sowie verbesserte Assistenzsysteme. Er bleibt ein “Bruder” von Modellen wie dem Citroën Jumpy, Opel Vivaro und Fiat Scudo, versucht sich aber durch das neue i-Cockpit und Design-Akzente zu differenzieren.
Welche Antriebsarten gibt es und welche ist die richtige?
Die Wahl des Antriebs ist beim Expert eine strategische Entscheidung, die stark vom Einsatzprofil abhängt. Peugeot bietet weiterhin hocheffiziente BlueHDi-Dieselmotoren sowie eine verbesserte Elektroversion, den E-Expert.
Der BlueHDi Diesel bleibt die erste Wahl für Langstreckenfahrer und schwere Lasten. Angeboten in Leistungsstufen von 120 PS bis 177 PS, überzeugt er durch hohes Drehmoment, Robustheit und eine hohe Reichweite von über 1.000 Kilometern pro Tankfüllung. Der technische Kompromiss hierbei sind die höheren lokalen Emissionen und mögliche Zufahrtsbeschränkungen in zukünftigen Umweltzonen. Die stärkste Version mit 177 PS in Kombination mit dem 8-Gang-Automatikgetriebe EAT8 ist die souveränste Lösung für alle, die regelmäßig die maximale Nutzlast oder Anhängerlast ausreizen.
Der E-Expert (Elektro) ist die Antwort auf die urbane Logistik und emissionsfreie Zonen. Er ist ideal für den planbaren Nah- und Regionalverkehr, wie den letzten Kilometer bei Lieferdiensten oder den täglichen Einsatz im Handwerk. Er wird mit zwei Batteriegrößen angeboten: 50 kWh für bis zu 224 km (WLTP) und 75 kWh für eine nun auf bis zu 350 km (WLTP) gesteigerte Reichweite. Sein Vorteil sind die niedrigeren Betriebs- und Wartungskosten sowie die absolute Laufruhe. Der “Preis” dafür ist die geringere Reichweite unter Last und bei Kälte sowie die Notwendigkeit einer durchdachten Ladeinfrastruktur.
Tipp von Alex Wind: Für Gewerbetreibende, die hauptsächlich in einem Radius von 100 km um den Firmenstandort agieren und über Nacht laden können, ist der E-Expert mit der 75-kWh-Batterie inzwischen die wirtschaftlich sinnvollere Wahl. Die Diesel-Varianten sind nur noch für den echten Langstrecken- und Schwerlast-Einsatz alternativlos.
Wie praktisch ist der Laderaum wirklich?
Hier zeigt der Expert seine wahre Stärke und bleibt ein Meister der Variabilität. Die Kernfunktionalität wurde durch das Facelift nicht angetastet, was eine gute Nachricht ist.
Der Expert wird in zwei Längen angeboten (Standard: 4,98 m und Lang: 5,33 m). Dies ermöglicht ein Ladevolumen von 5,3 m³ bis zu 6,1 m³. Die entscheidende Innovation bleibt jedoch die optionale Moduwork-Trennwand. Sie verfügt über eine Durchladeklappe auf der Beifahrerseite, die den Transport von Gegenständen mit bis zu 4 Metern Länge ermöglicht. Zudem lässt sich der äußere Beifahrersitz hochklappen, wodurch zusätzlicher Stauraum im Fahrerhaus entsteht, oder die Rückenlehne der mittleren Sitzbank in einen praktischen, drehbaren Schreibtisch verwandeln. Die maximale Nutzlast liegt bei beeindruckenden 1.400 kg (je nach Version). Die geringe Ladehöhe von unter 1,95 m sorgt zudem dafür, dass die meisten tiefgaragentauglich bleiben.
Die folgende Tabelle zeigt die wichtigsten technischen Daten der beiden beliebtesten Antriebsvarianten in der Standard-Länge:
Spezifikation | BlueHDi 145 EAT8 | E-Expert 75 kWh |
Motorart | 4-Zylinder Turbodiesel | Permanentmagnet-Synchronmotor |
Leistung | 144 PS (106 kW) | 136 PS (100 kW) |
Drehmoment | 370 Nm | 260 Nm |
Getriebe | 8-Gang-Automatik | 1-Gang-Reduktionsgetriebe |
Höchstgeschwindigkeit | 170 km/h | 130 km/h |
Verbrauch (WLTP) | ca. 7,4 l/100km | ca. 24,4 kWh/100km |
Leergewicht | ca. 1.738 kg | ca. 1.969 kg |
Anhängelast (gebremst) | 2.500 kg | 1.000 kg |
Was ist das stärkste Argument GEGEN dieses Fahrzeug?
Das stärkste Gegenargument ist gleichzeitig eine seiner Stärken: seine technische Verwandtschaft innerhalb des Stellantis-Konzerns. Obwohl das Facelift dem Expert ein eigenständiges Gesicht und ein modernes Cockpit verleiht, sind die grundlegende Karosserie, die Fahrwerksabstimmung und die Antriebstechnik nahezu identisch mit dem Opel Vivaro, Citroën Jumpy und Fiat Scudo.
Das bedeutet, dass die Kaufentscheidung oft nicht auf Basis fundamentaler technischer Überlegenheit getroffen werden kann, sondern von Faktoren wie Preis, Verfügbarkeit, Händlernetz und spezifischen Ausstattungspaketen abhängt. Ein potenzieller Käufer, der nicht markengebunden ist, muss die Angebote der Schwestermodelle penibel vergleichen. Manchmal kann ein Opel-Händler einen besseren Preis für ein quasi identisches Fahrzeug bieten. Die Differenzierung durch das Peugeot i-Cockpit ist zwar optisch gelungen, die grundlegende Ergonomie und das Fahrgefühl bleiben jedoch sehr ähnlich. Man kauft also weniger einen einzigartigen “Peugeot” als vielmehr die aktuell attraktivste “Verpackung” einer bewährten und sehr guten Plattform.
Der evolutionäre Weg: Wie sind wir zu diesem Antriebskonzept gekommen?
Die Antriebsstrategie des aktuellen Expert ist das Resultat einer langen Evolution und einer strategischen Sackgasse. Ursprünglich waren Transporter reine Diesel-Domänen, optimiert auf Robustheit und Drehmoment. Der Vorgänger, der Expert 2, setzte ausschließlich auf HDi-Dieselmotoren – zuverlässig, aber im urbanen Raum zunehmend problematisch.
Mit der dritten Generation ab 2016 kam der Paradigmenwechsel. Peugeot erkannte, dass ein “One-size-fits-all”-Ansatz nicht mehr funktioniert. Die wachsende Bedeutung von Umweltzonen und die Forderung nach lokal emissionsfreier Zustellung (die “letzte Meile”) zwangen zur Entwicklung einer Elektro-Variante. Die erste Generation des E-Expert war ein Pionier, litt aber unter einer für viele unzureichenden Reichweite. Der technische Kompromiss war offensichtlich: Man verbaute eine Batterie in eine bestehende Verbrenner-Plattform. Dies ist zwar kosteneffizient, aber suboptimal in Bezug auf Gewichtsverteilung und Packaging im Vergleich zu einer reinen E-Plattform. Das aktuelle Facelift-Modell mit bis zu 350 km Reichweite ist die logische Perfektionierung dieses Kompromisses – es macht das Beste aus der gegebenen Architektur, ohne die Nachteile (z.B. ein höheres Leergewicht als nötig) komplett eliminieren zu können. Es ist der pragmatische Höhepunkt der Multi-Antriebs-Plattform, bevor zukünftige Generationen vermutlich auf reinen E-Plattformen basieren werden.
Anekdote: Die Stille, die Geld spart
Ich erinnere mich an einen Testtag mit dem E-Expert im dichten Hamburger Stadtverkehr. Normalerweise ist so ein Tag in einem Diesel-Transporter geprägt von Vibrationen, dem ständigen Nageln des Motors an der Ampel und dem Ruckeln des Getriebes. Im E-Expert war da nur Stille. Am Ende des Tages zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch, der umgerechnet Betriebskosten von unter 6 Euro pro 100 Kilometer bedeutete. Da wurde mir klar: Die wahre Revolution ist nicht nur die Emissionsfreiheit, sondern die stressfreie Ruhe, die es dem Fahrer ermöglicht, entspannter und konzentrierter durch den anstrengenden Arbeitsalltag zu kommen. Diese tägliche Stressreduktion ist ein geldwerter Vorteil, der in keiner Kalkulation auftaucht.
Wie schneidet der Expert im Wettbewerbsumfeld ab?
Obwohl die stärksten Konkurrenten aus dem eigenen Konzern kommen, muss sich der Expert auch gegen externe Rivalen behaupten. Der Ford Transit Custom und der neue VW Transporter T7 (der sich die Basis mit dem Ford teilt) sind hier die Hauptgegner.
Merkmal | Peugeot Expert (Standard) | Ford Transit Custom L1H1 | VW Transporter T7 |
Max. Ladevolumen | 5,3 m³ (+ 0,5 m³ Moduwork) | 5,8 m³ | ca. 5,8 m³ |
Max. Nutzlast | ca. 1.400 kg | ca. 1.350 kg | ca. 1.200 kg |
Max. E-Reichweite (WLTP) | bis 350 km | bis 380 km | bis 400 km (erwartet) |
Cockpit-Konzept | Digital (i-Cockpit) | Digital (SYNC 4) | Digital (Innovision) |
Besonderheit | Moduwork-Durchlade | Integrierte Trittstufe | Plug-in-Hybrid Option |
Die Tabelle zeigt: Der Expert punktet mit seiner sehr hohen Nutzlast und dem cleveren Moduwork-System. Bei Ladevolumen und rein elektrischer Reichweite ziehen die neuesten Wettbewerber jedoch an ihm vorbei. Seine Stärke liegt daher im Gesamtpaket aus Variabilität, bewährter Technik und oft einem attraktiveren Preis.
















