Der California ist mehr als nur ein Campervan – er ist eine Legende, der Inbegriff des kompakten Reisemobils auf Bulli-Basis. Doch mit der neuen Generation T7 bricht Volkswagen Nutzfahrzeuge radikal mit der Tradition. Statt auf dem robusten Transporter (der künftig von Ford mitentwickelt wird) aufzubauen, nutzt der neue California die Pkw-Plattform des T7 Multivan (MQB). Das Ergebnis: Erstmals serienmäßig zwei Schiebetüren, ein komplett neues Innenraumkonzept und die Option auf einen Plug-in-Hybrid-Antrieb. Ist das die clevere Evolution eines Klassikers oder der Verlust seiner rauen Nutzfahrzeug-Seele? Wir sind den neuen California in allen Varianten gefahren.
Was ist der neue T7 California und was macht ihn so anders?
Der neue T7 California ist ein Campingbus auf Basis des langen T7 Multivan. Diese Entscheidung für die MQB-Pkw-Plattform ist der entscheidende Unterschied zum Vorgänger T6.1. Sie bringt Pkw-ähnlichen Fahrkomfort, moderne Assistenzsysteme und ermöglicht den Plug-in-Hybrid. Gleichzeitig bedeutet sie aber auch potenziell weniger Robustheit und Nutzlast als bei einem reinen Nutzfahrzeug.
Die weiteren großen Neuerungen:
- Zwei Schiebetüren: Erstmals serienmäßig auf beiden Seiten. Das erhöht die Flexibilität im Alltag und beim Camping enorm. Die Küchenzeile rückt dadurch etwas weiter nach hinten.
- Neues Innenraumkonzept: Statt einer starren Sitzbank im Fond gibt es nun herausnehmbare Einzelsitze. Das schafft Variabilität (z.B. für den Fahrradtransport), macht den Bettumbau aber potenziell aufwendiger. Die Küchenzeile (mit Kocher, Spüle, Kühlbox) ist kompakter und auch von außen bedienbar.
- Plug-in-Hybrid (eHybrid): Neben TDI (Diesel, 150 PS) und TSI (Benziner, 204 PS) gibt es erstmals einen PHEV mit 180 kW (245 PS) Systemleistung und Allradantrieb (4MOTION), der ca. 40-50 km rein elektrische Reichweite ermöglichen soll.
Er richtet sich weiterhin an Camping-Enthusiasten, die ein kompaktes, alltagstaugliches Reisemobil suchen, spricht aber durch den Pkw-Komfort und den PHEV-Antrieb verstärkt auch eine Lifestyle-orientierte Zielgruppe an, die den California als Erstfahrzeug nutzen möchte.
Welche Antriebsvariante ist die beste Wahl: TDI, TSI oder eHybrid?
Die Wahl hängt stärker denn je vom Nutzungsprofil ab.
- TDI (Diesel, 110 kW / 150 PS): Der bewährte Vierzylinder-Diesel bleibt der Klassiker für Langstrecken-Camper. Er bietet das beste Verhältnis aus Reichweite, Drehmoment und Verbrauch auf langen Etappen. Kombiniert mit DSG und optional 4MOTION.
- TSI (Benziner, 150 kW / 204 PS): Der Vierzylinder-Turbobenziner ist laufruhiger, aber auch durstiger als der Diesel. Eine Option für Wenigfahrer oder Länder mit Diesel-Restriktionen. Immer mit DSG.
- eHybrid (Plug-in-Hybrid, 180 kW / 245 PS): Kombiniert einen 1.4 TSI Benziner mit einem E-Motor und einer ca. 13 kWh Batterie. Ermöglicht rein elektrisches Fahren im Alltag (ca. 40-50 km WLTP) und Boost-Unterstützung. Immer mit DSG und serienmäßigem 4MOTION Allrad. Der technische Kompromiss: Höheres Gewicht, potenziell geringere Zuladung und Notwendigkeit des regelmäßigen Ladens, um die Effizienzvorteile zu nutzen. AC-Laden mit max. 11 kW.
Tipp von Alex Wind: Für den klassischen Camper-Einsatz mit langen Reisen bleibt der TDI die pragmatischste Wahl. Der eHybrid ist faszinierend für den Alltagspendler, der am Wochenende campt und konsequent laden kann. Der PHEV ist hier sogar die einzige Möglichkeit, den neuen California mit Allrad zu bekommen, da dieser beim TDI und TSI (vorerst?) nicht angeboten wird.
Zwei Schiebetüren und Einzelsitze: Geniestreich oder Kompromiss?
Das neue Innenraumkonzept polarisiert.
Vorteile:
- Zwei Schiebetüren: Erhöhen die Zugänglichkeit enorm. Man kann von beiden Seiten ein- und aussteigen, beladen oder die Außenküchenfunktion nutzen. Gerade im Stadtalltag ein riesiger Gewinn.
- Einzelsitze: Bieten mehr Flexibilität. Man kann z.B. nur einen Sitz ausbauen, um lange Gegenstände (Surfbrett, Fahrrad) innen zu transportieren. Die Sitze selbst sind komfortabler als die alte Bank.
Nachteile:
- Bettumbau: Das Umklappen der Einzelsitze zum Bett (zusammen mit einer Matratzenauflage) könnte aufwendiger sein als das einfache Umlegen der alten Schlafbank.
- Küchenposition: Die Küche rückt durch die zweite Schiebetür etwas nach hinten, was den Wohnraum hinter den Vordersitzen anders aufteilt. Der Koch steht nun eher im Durchgang der rechten Schiebetür.
- Gewicht/Handling der Sitze: Die Einzelsitze sind schwer und müssen bei Bedarf irgendwo gelagert werden.
Das Konzept ist moderner und flexibler, erfordert aber möglicherweise eine Umgewöhnung beim Camping-Handling. Das bewährte Aufstelldach mit seinem Bett bleibt natürlich erhalten und bietet weiterhin Stehhöhe und zwei zusätzliche Schlafplätze.
Historischer Kontext: Vom Nutzfahrzeug zum Lifestyle-Mobil
Der California baute traditionell auf dem VW Transporter auf – einem robusten Nutzfahrzeug. Das garantierte Langlebigkeit und hohe Zuladung, ging aber mit Kompromissen beim Fahrkomfort und der Geräuschdämmung einher. Der Wechsel auf die MQB-Plattform des T7 Multivan ist eine Revolution. Der California wird damit endgültig vom Handwerker-Bruder zum Pkw-Verwandten.
Dieser Schritt spiegelt den Wandel im Camping-Markt wider: Immer mehr Kunden nutzen ihren Campervan auch als Alltagsauto und erwarten Pkw-ähnlichen Komfort und moderne Technik. Der technische Kompromiss ist, dass die MQB-Plattform möglicherweise nicht die gleiche ultimative Robustheit und Langlebigkeit für den harten Dauereinsatz bietet wie die alte Nutzfahrzeugbasis. Der “Preis” für den Komfort ist ein potenzieller Verlust an “unkaputtbarer” Substanz.
Wie schlägt er sich gegen den Mercedes Marco Polo?
Der Mercedes Marco Polo (auf V-Klasse Basis) ist der ewige Rivale. Der Vergleich wird durch den Plattformwechsel beim California noch spannender.
Merkmal | VW T7 California (2025) | Mercedes Marco Polo (V-Klasse) |
Plattform | MQB (Pkw-ähnlich) | V-Klasse (Van/Nutzfahrzeug) |
Antriebe | TDI, TSI, PHEV | Nur Diesel (meist RWD) |
Schiebetüren | Zwei (Serie) | Eine (optional Zwei) |
Sitze Fond | Einzelsitze (variabel) | Sitzbank (klassisch) |
Fahrkomfort | Sehr hoch (Pkw-Niveau) | Hoch (Van-Niveau) |
Innenraum-Anmutung | Modern, digital | Sehr hochwertig, “Mercedes” |
Preis (geschätzt) | ab ca. 65.000 € (?) | ab ca. 75.000 € |
Der neue California punktet mit modernerer Plattform, der PHEV-Option und den zwei Schiebetüren. Der Marco Polo kontert mit dem Mercedes-typischen Premium-Ambiente und potenziell robusterer Basis. Es wird ein Duell auf Augenhöhe.
Anekdote: Das beidseitige Frühstück
Bei der Präsentation stand der neue California mit geöffneten Schiebetüren auf beiden Seiten. Auf der linken Seite saß man gemütlich am Campingtisch unter der Markise. Auf der rechten Seite konnte man dank der nach außen schwenkbaren Küchenelemente (Kocher, Schublade) im Freien einen Kaffee zubereiten. Diese beidseitige Nutzbarkeit, diese neue Offenheit des Innenraums – das ist der größte Gewinn des neuen Konzepts.
Preis der Fehlkonfiguration: PHEV vs. TDI im Camper-Alltag
Die Wahl zwischen eHybrid und TDI hat erhebliche Kosten-Implikationen, abhängig vom Ladeverhalten.
- Szenario: 15.000 km/Jahr, davon 60% Kurzstrecke (elektrisch fahrbar), 40% Langstrecke.
- eHybrid (PHEV):
- Stromkosten (9.000 km @ 25 kWh/100km, 0,35 €/kWh): ca. 788 €
- Benzinkosten (6.000 km @ 9 L/100km, 1,80 €/L): ca. 972 €
- Gesamte Energiekosten / Jahr: ca. 1.760 € (zzgl. höhere Anschaffung, ggf. Förderung)
- TDI (Diesel):
- Dieselkosten (15.000 km @ 8 L/100km, 1,70 €/L): ca. 2.040 €
- eHybrid (PHEV):
- Kosten über 4 Jahre: Der PHEV spart bei diesem Profil ca. 1.120 € an Energiekosten. Dem steht jedoch ein deutlich höherer Anschaffungspreis gegenüber (vermutlich > 5.000 €). Fazit: Rein finanziell lohnt sich der PHEV nur bei sehr hohem Kurzstreckenanteil, konsequentem Laden und möglicher staatlicher Förderung (falls zutreffend). Für Langstrecken-Camper bleibt der TDI oft die wirtschaftlichere Wahl.
Was ist das stärkste Argument GEGEN den neuen California?
Das stärkste Gegenargument ist der Verlust der Nutzfahrzeug-Basis und die damit verbundenen potenziellen Nachteile bei Robustheit und Zuladung (insbesondere beim schweren PHEV). Puristen werden bemängeln, dass er kein “echter Bulli” mehr ist. Zudem ist das neue Innenraumkonzept mit den Einzelsitzen und der veränderten Küche eine Umstellung gegenüber dem bewährten T6.1-Layout. Auch der Preis dürfte auf hohem Niveau starten.
Fazit: Der neue VW T7 California ist eine mutige Neuinterpretation des Campervan-Klassikers. Der Wechsel auf die MQB-Plattform bringt Pkw-Komfort und ermöglicht den zukunftsweisenden Plug-in-Hybrid-Antrieb. Die zwei Schiebetüren und das flexible Sitzkonzept sind innovative Ansätze. Traditionalisten mögen den Verlust der robusten Transporter-Basis beklagen, doch für die wachsende Zahl von Lifestyle-Campern, die ihren Van auch im Alltag nutzen, könnte der neue California genau der richtige Kompromiss sein. Er ist anders, moderner, komfortabler – ob er auch besser ist, wird der individuelle Geschmack und das Nutzungsprofil entscheiden. Eine Probefahrt und ein genauer Blick auf das neue Innenraumkonzept sind Pflicht.


























