Umfassender Test des Audi SQ8 (2025): V8-Luxusliner nach der Schönheitskur

Er war schon immer der provokanteste Auftritt im Ingolstädter SUV-Portfolio: Der Audi Q8, und erst recht der SQ8, ist die extrovertierte Antwort auf BMW X6 und Mercedes GLE Coupé. Ein riesiges SUV-Coupé mit brachialer Präsenz. Nach ein paar Jahren auf dem Markt war es nun Zeit für eine Auffrischung – das Facelift für das Modelljahr 2025 ist da. Doch statt großer technischer Revolutionen gibt es vor allem Kosmetik: neue Lichter, neue Schürzen, neue Farben. Der grandiose V8-Benziner bleibt unangetastet. Reicht das, um den Status als sportlicher Luxus-Kreuzer zu verteidigen? Oder ist das nur ein laues Update, bevor die elektrische Zukunft alles übernimmt?

Was genau ist der Audi SQ8 (Facelift 2025)?

Der Audi SQ8 (Facelift 2025) ist die Performance-Variante des Luxus-SUV-Coupés Q8, basierend auf der MLB Evo-Plattform. Das Facelift umfasst Design-Anpassungen (neue Schürzen, geänderter Grill, optionale Matrix-LED-Scheinwerfer mit Laserlicht) und innovative digitale OLED-Heckleuchten mit wählbaren Lichtsignaturen. Angetrieben wird er weiterhin vom 4.0L V8 TFSI Benzinmotor mit 373 kW (507 PS) und 770 Nm.

Im Klartext: Das Blech bleibt weitgehend gleich, aber die Leuchten sind neu – und was für welche! Hinten gibt’s jetzt diese digitalen OLEDs, bei denen man per MMI zwischen vier verschiedenen Licht-Signaturen wählen kann. Ein cooles Gimmick? Absolut. Braucht man es? Natürlich nicht. Aber es sieht verdammt gut aus und gibt dem Heck einen neuen, modernen Touch. Vorne gibt’s neue Schürzen, die ihn noch aggressiver wirken lassen. Unter der Haube bleibt zum Glück alles beim Alten: Der V8-Benziner (Gott sei Dank, der V8-Diesel-Ausflug war ja eher ein unrühmliches Kapitel). Dazu serienmäßig adaptive Luftfederung und Allradlenkung. Er ist und bleibt der sportliche Bruder des Q7, verpackt in eine provokantere Hülle.

Bleibt der 4.0L V8 TFSI das Herzstück?

Der 4.0L V8 Biturbo-Benziner (EA825) mit Mild-Hybrid-System leistet 373 kW (507 PS) und 770 Nm Drehmoment. Gekoppelt an eine 8-Stufen-Automatik (Tiptronic) und quattro-Allradantrieb.

Ja, und was für eines! Dieser Motor ist ein Gedicht. Er stammt aus dem Konzernregal, treibt auch Cayenne GTS oder Lamborghini Urus (in anderer Ausbaustufe) an. Und er passt perfekt zum SQ8. Souverän, kraftvoll, mit diesem herrlich unaufgeregten, aber abgrundtiefen Grollen. Er macht den über 2,3 Tonnen schweren Koloss zur Rakete: 0-100 km/h in 4,1 Sekunden. Das ist 911er-Niveau in einem Wohnzimmer-SUV! Die 8-Gang-Tiptronic von ZF schaltet dazu butterweich und blitzschnell. Die Zylinderabschaltung (COD) und das 48V-Mildhybrid-System sollen beim Sparen helfen. Sollen. Der technische Kompromiss ist und bleibt der Verbrauch: Unter 13-15 Litern (Realverbrauch) ist der V8 kaum zu bewegen. Aber wer ein 507-PS-SUV kauft und über den Spritverbrauch jammert, hat was falsch gemacht. Das ist der Preis für acht Zylinder. Und er ist es wert.

Wie schlägt sich das Fahrwerk – Sportler oder doch nur Luxus-Gleiter?

Der SQ8 verfügt serienmäßig über eine adaptive Luftfederung Sport und eine Allradlenkung (lenkt hinten bis zu 5 Grad mit). Optional ist das “Fahrwerkspaket advanced” mit aktivem Wankausgleich (eAWS) und Sportdifferenzial erhältlich.

Hier liegt die Magie (und der Unterschied zum Q7). Der SQ8 ist straffer abgestimmt als sein praktischerer Bruder. Die Allradlenkung ist Pflicht und macht das riesige Auto (über 5 Meter lang) in der Stadt erstaunlich handlich und auf der Autobahn extrem spurstabil. Aber der eigentliche Gamechanger ist das optionale Fahrwerkspaket advanced. Der aktive Wankausgleich (eAWS) mit seinen 48V-Stellmotoren eliminiert Seitenneigung in Kurven fast vollständig. Man lenkt ein, und der 2,3-Tonner bleibt fast brettflach liegen. Völlig surreal! Dazu das Sportdifferenzial, das die Kraft aktiv ans kurvenäußere Hinterrad schickt. Nein, ein Leichtgewicht-Sportler wird er dadurch nicht – dafür ist er zu schwer und die Lenkung zu synthetisch. Aber er kaschiert seine Masse auf beeindruckende Weise und ermöglicht Kurvengeschwindigkeiten, die der Physik zu trotzen scheinen. Er ist der ultimative Autobahn-Express, der auch auf der Landstraße eine verdammt gute Figur macht. Ein sehr gelungener Kompromiss aus Luxus-Gleiter und Performance-SUV.

Ist das Cockpit mit dem MMI touch response noch zeitgemäß?

Das Interieur bleibt vom Facelift weitgehend unberührt. Es verfügt über das MMI touch response System mit zwei zentralen Touchscreens (10,1 Zoll oben, 8,6 Zoll unten) mit haptischem Feedback und das 12,3-Zoll Virtual Cockpit. Die Material- und Verarbeitungsqualität ist auf höchstem Niveau.

Hier hat Audi nichts geändert. Warum auch? Das Cockpit des Q8/SQ8 war schon bei seiner Einführung 2018 ein Meisterwerk. Auch wenn das MMI-System mit den zwei Touchscreens (oben Navi/Medien, unten Klima/Eingabe) anfangs gewöhnungsbedürftig war – es funktioniert dank des haptischen Feedbacks (man muss richtig “klicken”) besser als viele reine Touch-Lösungen. Die Materialqualität? Leder, Alcantara, Carbon, Aluminium – alles perfekt verarbeitet. Besser geht’s kaum. Da knarzt nichts, da wackelt nichts. Das ist deutsche Ingenieurskunst in Reinform. Ist es noch topaktuell? Nun ja, BMW (Curved Display) oder Mercedes (Hyperscreen) wirken vielleicht futuristischer. Aber ergonomisch und qualitativ ist das Audi-Cockpit immer noch absolute Benchmark. Daran gibt es nichts zu rütteln.

Tipp von Alex Wind: Wer das volle Erlebnis will, sollte nach einem Modell mit dem Fahrwerkspaket advanced suchen. Der Wankausgleich und das Sportdifferenzial sind teuer, aber sie definieren das Fahrgefühl des SQ8 völlig neu.

Historischer Kontext: Vom Diesel-Schock zum V8-Benziner

Der SQ8 startete 2019 in Europa – als Diesel! Ein 4.0L V8 TDI mit 435 PS und 900 Nm. Ein brachialer Motor, ein Drehmoment-Monster. Aber er kam zur Unzeit, mitten in die Diesel-Skandal-Nachwehen. Politisch war das Ding kaum noch vermittelbar. Audi zog die Reißleine und stellte 2020 auf den 4.0L V8 TFSI Benzinmotor (507 PS) um, den es in den USA schon immer gab. Ein Segen! Zwar fehlte der absurde Bumms des Diesels von unten raus, aber der Benziner passte mit seinem Klang, seiner Drehfreude und seiner Performance viel besser zum “S”-Anspruch. Das Facelift zementiert nun diesen Weg: Der V8-Benziner bleibt (vorerst) die Speerspitze – ein letztes Aufbäumen vor der unausweichlichen Elektrifizierung der nächsten Generation.

Advokat des Teufels: Was ist das stärkste Argument GEGEN den SQ8?

Trotz aller Faszination – der SQ8 hat auch Schattenseiten:

  1. Der Preis: Er ist astronomisch teuer. Der Basispreis liegt bei über 120.000 Euro. Mit den wichtigen Extras (Fahrwerkspaket, Keramikbremsen, B&O Sound) knackt man spielend die 150.000-Euro-Marke.
  2. Der Verbrauch: 507 PS in einem 2,3-Tonnen-SUV wollen gefüttert werden. 13-15 Liter (Realverbrauch) sind die Norm, bei schneller Fahrt deutlich mehr. Die Unterhaltskosten (Steuer, Versicherung, Sprit) sind exorbitant.
  3. Fehlende Elektrifizierung: Während Konkurrenten wie der BMW X5 M60i (Mild-Hybrid) oder der Porsche Cayenne S E-Hybrid (PHEV) teilelektrifiziert sind, fährt der SQ8 (abgesehen vom 48V-MHEV-System) als reiner Verbrenner. Das macht ihn steuerlich unattraktiv und wirkt nicht mehr ganz zeitgemäß.
  4. Platzangebot: Trotz seiner Größe ist der SQ8 als Coupé unpraktischer als ein Q7 oder Q8 e-tron (der mehr Kofferraum bietet). Die Kopffreiheit im Fond und das Kofferraumvolumen (605 L) leiden unter der schrägen Dachlinie.

Er ist ein Luxus-Spielzeug. Ein unglaublich gutes, aber eben auch ein unvernünftiges und teures.

Preis der Fehlkonfiguration: V8 Benziner vs. V8 Diesel (Gebrauchtmarkt)

Der Neukauf ist klar. Aber was ist mit dem Gebrauchtkauf? Der V8 TDI (bis 2020) lockt mit 900 Nm und geringerem Verbrauch. Der V8 TFSI (ab 2020) mit mehr Leistung und besserem Klang.

  • Szenario: 3 Jahre Haltedauer, 20.000 km/Jahr.
    • V8 TDI (gebraucht): Günstiger im Einkauf? Vielleicht. Verbrauch ca. 9-10 L/100km (ca. 16 €/100km). Steuer höher. Aber: potenzielles Diesel-Fahrverbot-Risiko, schlechteres Image.
    • V8 TFSI (gebraucht): Teurer im Einkauf. Verbrauch ca. 13-15 L/100km (ca. 24 €/100km). Steuer niedriger (als Hubraum-Benziner immer noch hoch).
  • Kosten (nur Sprit, 3 Jahre): TDI ca. 9.600 €. TFSI ca. 14.400 €. Differenz: ca. 4.800 € (oder 1.600 €/Jahr) zugunsten des Diesels.
  • Fazit: Rein rechnerisch ist der Diesel günstiger im Unterhalt. Aber: Der TFSI bietet mehr Leistung, den besseren Sound, ist zukunftssicherer (keine Diesel-Debatte) und passt besser zum S-Modell. Meiner Meinung nach ist der TFSI trotz Mehrkosten die bessere Wahl. Der Wertverlust des Diesels dürfte zudem höher sein. Den Diesel-Ärger tut sich heute kaum noch jemand freiwillig an, der über 100.000 Euro für ein Auto ausgibt.

Zukünftiger Ausblick: Wann kommt der elektrische RS Q8 / SQ8?

Der SQ8 (und der RS Q8) sind die letzten ihrer Art mit reinen V8-Verbrennern. Die nächste Generation der großen Audi-SUVs wird auf einer reinen Elektro-Plattform basieren (vermutlich die PPE-Plattform, wie A6 e-tron, oder eine Weiterentwicklung). Ein vollelektrischer Q8 e-tron (auf MLB Evo Basis) existiert ja bereits. Der Nachfolger des SQ8/RS Q8 wird also ein RS Q8 e-tron sein – wahrscheinlich mit über 700 PS aus zwei E-Motoren und 800V-Technik. Aber das dauert noch ein paar Jahre. Das Facelift 2025 ist also der Schwanengesang für den V8 im Q8-Coupé.

Merkmal
Audi SQ8 V8 TFSI (2025)
BMW X6 M60i
Porsche Cayenne Coupé S E-Hybrid
Mercedes-AMG GLE 53 Coupé
Konzept
SUV-Coupé, V8 MHEV
SUV-Coupé, V8 MHEV
SUV-Coupé, V6 PHEV
SUV-Coupé, R6 MHEV
Motor
4.0L V8 Biturbo
4.4L V8 Biturbo
3.0L V6 Turbo + E-Motor
3.0L R6 Biturbo
Leistung (ca.)
507 PS
530 PS
519 PS (System)
435 PS
0-100 km/h (ca.)
4,1 s
4,3 s
4,7 s
5,0 s
Technik-Highlight
OLED-Leuchten, eAWS
Fahrwerk, OS 8.5
>100km E-Reichw. (WLTP)
Fahrwerk, MBUX
Preis (Basis, ca.)
ab 121.000 €
ab 118.000 €
ab 117.000 €
ab 104.000 €

Fazit: Der Audi SQ8 ist auch nach dem Facelift 2025 ein beeindruckendes Stück Automobilbau. Er ist weniger ein radikales Update als vielmehr eine liebevolle Modellpflege. Das Herzstück bleibt der grandiose V8-Biturbo, der perfekt mit dem exzellenten Luftfahrwerk (mit Wankausgleich!) harmoniert. Die neuen digitalen OLED-Heckleuchten sind ein schickes Gimmick, das Cockpit bleibt qualitativ Benchmark, auch wenn es nicht mehr das allerneueste ist. Er ist sündhaft teuer, unvernünftig durstig und technologisch (fehlende Hybridisierung) nicht mehr auf der Höhe der Zeit im Vergleich zu einigen Konkurrenten. Aber wen kümmert das? Er ist ein Statement – ein luxuriöser, brachial schneller und wunderschön verarbeiteter Autobahn-König für Individualisten. Ein letztes Grollen des V8, bevor der E-Sturm endgültig übernimmt.

Galerie

Author: Alex Wind
Alex Wind ist Gründer von HH-AUTO und Chefredakteur des Mediennetzwerks. Als studierter Fahrzeugtechniker (FH Esslingen) mit über 10 Jahren Erfahrung in der Automobilindustrie (u.a. Qualitätssicherung) und Mitglied im Verband der Automobiljournalisten (VDAJ), legt er den Fokus auf fundierte Testberichte, technische Analysen und Import-Checks.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert