Der Honda Civic. Ein Name wie ein Donnerhall in der Kompaktklasse. Früher oft belächelt, manchmal als Krawallschachtel verschrien, hat er sich über elf Generationen zu einer festen Größe entwickelt. Doch die Zeiten der reinen Saugmotoren und einfachen Benziner sind vorbei. Die aktuelle Generation (FL) tritt in Europa mit einer klaren Zwei-Klassen-Strategie an: Auf der einen Seite der vernünftige, erwachsene Fünftürer, den es bei uns ausschließlich als Vollhybrid (e:HEV) gibt. Auf der anderen Seite das Biest, der letzte Samurai, der Type R (FL5) – ein puristischer, handgeschalteter Turbo-Sportler, der auf alle Konventionen pfeift. Kann diese radikale Spreizung funktionieren? Ist der Hybrid der bessere Golf? Und ist der Type R immer noch der König der Hot Hatches? Ein Test zwischen Vernunft und Wahnsinn.
Was genau ist der Honda Civic (Generation FL)?
Der Honda Civic (elfte Generation, FL) ist ein Kompaktwagen (C-Segment), der in Europa als Fünftürer-Hatchback angeboten wird. Er basiert auf einer weiterentwickelten globalen Honda-Plattform. In Deutschland ist er ausschließlich als Vollhybrid e:HEV (Systemleistung 184 PS) oder als High-Performance-Modell Type R (329 PS) erhältlich.
Schluss mit dem UFO-Design! Der Vorgänger (Gen 10) war ja optisch… nun ja, gewagt. Überall Kanten, Lufteinlässe (meist fake), ein Heck wie ein Raumschiff. Der neue Civic (Gen 11) ist das genaue Gegenteil: erwachsen, clean, fast schon elegant. Eine flache Linie, eine lange Haube, ein sauberes Heck. Erinnert fast an ein Audi A5 Sportback, nur kompakter. Gefällt mir ausgesprochen gut! Er ist flacher, breiter und hat einen längeren Radstand als der Vorgänger, was der Fahrdynamik und dem Platz zugutekommt. Aber diese Antriebs-Strategie! Nur Hybrid oder Vollgas-Type-R. Nichts dazwischen. Kein 1.5L Turbo Benziner mehr für den normalen Kunden. Das ist mutig. Sehr mutig. Honda zwingt uns quasi zur Effizienz – oder zur Eskalation.
Wie gut funktioniert der e:HEV Vollhybrid-Antrieb im Alltag?
Der Civic e:HEV kombiniert einen 2.0-Liter Vierzylinder-Benziner (Atkinson-Zyklus) mit zwei Elektromotoren (ein Generator, ein Fahrmotor) und einer kleinen Lithium-Ionen-Batterie (ca. 1 kWh). Die Systemleistung beträgt 135 kW (184 PS) und 315 Nm Drehmoment. Er nutzt ein Direktantriebs-Getriebe (e-CVT-Simulation) und Frontantrieb.
Hondas Hybrid-System ist anders als das von Toyota. Und verdammt gut. Der Benziner dient die meiste Zeit nur als Generator, um Strom für den E-Motor zu erzeugen, der primär die Räder antreibt. Nur bei hohem Tempo (Autobahn) wird der Benziner per Kupplung direkt mit den Rädern verbunden, weil das effizienter ist. Was heißt das im Klartext? Man fährt sich die meiste Zeit wie in einem E-Auto! Ansatzloser Antritt, leises Surren in der Stadt. Das nervige Aufheulen eines klassischen CVT-Getriebes (wie bei Toyota oft kritisiert) wird durch clever simulierte “Schaltstufen” fast komplett eliminiert. Das fühlt sich viel natürlicher an. Und der Verbrauch? Sensationell! Im Realbetrieb sind 5,0 bis 5,5 Liter auf 100 km problemlos machbar. Das ist Diesel-Niveau, nur als Benziner! Der technische Kompromiss? 184 PS sind okay (0-100 in ca. 7,9 s), aber ein Sportler ist er nicht. Er ist der Souveränitäts- und Effizienz-Meister.
Das Gegenteil: Was macht den Type R (FL5) so legendär?
Der Type R (FL5) nutzt einen 2.0-Liter Vierzylinder-VTEC-Turbomotor mit 242 kW (329 PS) und 420 Nm. Er verfügt über ein 6-Gang-Schaltgetriebe mit Rev-Matching, Frontantrieb mit mechanischem Sperrdifferenzial, adaptives Fahrwerk und eine Hochleistungs-Bremsanlage.
Das ist das Biest. Der vielleicht beste Fronttriebler der Welt. Punkt. Während alle anderen auf Allrad (Golf R, S3) oder Automatik setzen, bleibt der Type R puristisch: Handschaltung. Und was für eine! Dieses knackige, präzise Klicken durch die Gassen – ein Traum. Der Motor? Eine Drehorgel, die dank Turbo anschiebt wie verrückt. Das Fahrwerk? Eine Offenbarung. Mit adaptiven Dämpfern klebt der Wagen auf der Straße, die Lenkung ist telepathisch, das mechanische Sperrdifferenzial zieht den Wagen gierig aus der Kurve, fast ohne Antriebseinflüsse. Und das Design? Deutlich erwachsener als der Krawall-Vorgänger (FK8), aber immer noch unverkennbar mit seinem (diesmal eleganten) Heckflügel und den drei Endrohren. Er ist kein Auto, er ist eine Waffe. Ein Präzisionsinstrument für die Rennstrecke, das man (gerade so) auch im Alltag fahren kann. Der technische Kompromiss? Er ist knallhart, laut und mit über 58.000 Euro extrem teuer. Aber jeden Cent wert für den, der Fahren wirklich liebt.
Zitat von Alex Wind: “Der e:HEV ist das Auto, das dein Verstand kauft. Der Type R ist das Auto, das dein Herz will, auch wenn der Verstand schreiend davonläuft. Zwei Autos, zwei Extreme – perfekter kann man eine Baureihe kaum aufspannen.”
Wie schlägt sich das Cockpit: Honda-Pragmatismus oder Premium-Anspruch?
Das Interieur wurde komplett neu gestaltet. Es verfügt über ein (optional) 10,2-Zoll digitales Kombiinstrument und einen zentralen 9-Zoll-Touchscreen (Honda Connect). Ein durchgehendes Lüftungsgitter (“Honeycomb-Mesh”) ist das zentrale Design-Element. Physische Tasten für die Klimasteuerung sind vorhanden.
Was für ein Sprung nach vorn! Raus aus der Plastik-Raumschiff-Hölle des Vorgängers, rein in ein erwachsenes, hochwertiges und ergonomisch brillantes Cockpit. Das Design ist klar, horizontal ausgerichtet. Das Highlight ist dieses Bienenwaben-Gitter über den Lüftungsdüsen – sieht fantastisch aus, fasst sich gut an. Und: Physische Drehregler für die Klima! Mit sattem Klicken! Halleluja, es gibt sie noch, die Ingenieure mit Verstand! Das Infotainment? Okay, der 9-Zoll-Screen ist nicht riesig, aber das System ist schnell, logisch und hat kabelloses Apple CarPlay. Mehr braucht man nicht. Die Materialien sind hochwertig, die Verarbeitung top. Das Platzangebot? Dank des längeren Radstands ist die Beinfreiheit im Fond gut, die Kopffreiheit leidet aber unter der schrägen Dachlinie. Der Kofferraum ist mit 410 Litern (e:HEV) bzw. 420 Litern (Type R) solide. Ein rundum gelungenes Cockpit, das Qualität und Ergonomie über reinen Display-Größenwahn stellt.
Historischer Kontext: Vom “Wunder-Golf” zur Hybrid-Ikone
Der erste Civic (1972) war ein kleiner, sparsamer Kleinwagen, der Honda in der Ölkrise auf die Weltkarte brachte. Über die Generationen wurde er immer größer, technologisch anspruchsvoller und (besonders in den 90ern mit VTEC) zum Synonym für hochdrehende Saugmotoren und sportliches Fahren. Die Generationen 8 (“UFO”) und 10 waren Design-Experimente. Die aktuelle 11. Generation ist eine Rückbesinnung auf Tugenden: klares Design, hohe Qualität, Fahrdynamik. Der radikale Schritt, in Europa nur noch Hybrid oder Type R anzubieten, zeigt Hondas Selbstbewusstsein. Sie wollen nicht mehr im grauen Mittelfeld mitschwimmen, sondern klare Kante zeigen: entweder extrem effizient oder extrem sportlich. Eine mutige Strategie.
Advokat des Teufels: Was sind die größten Haken am Civic e:HEV?
Trotz aller Lobeshymnen auf den Hybrid – es gibt auch Nachteile:
- Antriebs-Monotonie (für manche): Obwohl das e-CVT Schaltstufen simuliert, bleibt es ein System, das oft nicht direkt auf Gasbefehle reagiert. Wer eine knackige Schaltung oder ein schnelles DKG gewohnt ist, dem fehlt das “mechanische” Gefühl.
- Keine schwächere/stärkere Option (außer Type R): 184 PS sind die einzige Wahl. Kein Einstiegsmodell (wie beim Corolla Hybrid) und kein “Sport-Hybrid” mit 250 PS. Die Lücke zum Type R ist ein Canyon.
- Hoher Preis: Der Civic e:HEV ist kein Schnäppchen. Er startet bei ca. 37.000 Euro (Elegance) und geht bis über 40.000 Euro (Advance). Das ist teurer als viele Konkurrenten.
- Kopffreiheit im Fond: Die schicke Dachlinie kostet Platz. Große Passagiere stoßen hinten an.
- Kein Kombi: In Europa ein klarer Nachteil gegenüber Golf Variant, Astra Sports Tourer & Co.
Anekdote: Die lautlose Beschleunigung
Ich fuhr den Civic e:HEV im Stadtverkehr. Ampel wird grün, ich trete aufs Gas. Der Wagen schießt lautlos nach vorne, der E-Motor zieht kraftvoll an. Erst bei ca. 50 km/h schaltet sich der Benziner fast unmerklich zu, aber nicht, um anzutreiben, sondern nur um Strom zu erzeugen. Man fährt weiter elektrisch. Dieses souveräne, ansatzlose “E-Auto-Feeling” in einem Auto, das man nie laden muss – das ist schon genial. Man versteht sofort, warum Honda dieses System dem klassischen Mild-Hybrid vorzieht.
Zukünftiger Ausblick: Elektrifizierung und das Ende des Type R?
Der Civic e:HEV ist bereits eine Brückentechnologie. Honda entwickelt seine reinen E-Plattformen (siehe Honda e:Ny1). Die nächste Generation des Civic (vielleicht 2028/29?) wird mit hoher Wahrscheinlichkeit rein elektrisch sein. Und der Type R (FL5)? Er ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der letzte seiner Art. Der letzte reinrassige, handgeschaltete Verbrenner-Hot-Hatch von Honda. Ein zukünftiger Klassiker, noch bevor er richtig alt ist. Das macht ihn noch begehrenswerter – und tragischer.
Merkmal (Hybrid/MHEV) | Honda Civic e:HEV (2025) | VW Golf 1.5 eTSI (150 PS) | Toyota Corolla 2.0 Hybrid | Peugeot 308 Hybrid 136 |
Konzept | Vollhybrid (seriell/parallel) | Mild-Hybrid (48V) | Vollhybrid (Power-Split) | Mild-Hybrid (48V) |
Systemleistung (ca.) | 184 PS | 150 PS | 196 PS | 136 PS |
Getriebe | e-CVT (Direktantrieb) | 7-Gang DSG | e-CVT | 6-Gang DKG |
Realverbrauch (ca.) | 5,0 – 5,5 L | 6,0 – 6,5 L | 5,0 – 5,5 L | 5,5 – 6,0 L |
Fahrgefühl | Agil, E-Auto-ähnlich | Ausgewogen, Solide | Komfortabel, Effizient | Agil, Stylisch |
Preis (Basis, ca.) | ab 37.000 € | ab 33.000 € (?) | ab 37.000 € | ab 33.000 € (?) |
Fazit: Der Honda Civic der elften Generation ist ein beeindruckendes Comeback. Er sieht fantastisch aus, das Cockpit ist eine ergonomische Wohltat, und die Fahrwerksabstimmung ist top. Der e:HEV-Antrieb ist ein Meisterstück der Effizienz – sparsam wie ein Diesel, aber spritzig und leise wie ein Stromer im Stadtverkehr, wenn auch kein Sportler. Der Type R ist das genaue Gegenteil: ein analoger, puristischer Endgegner für die Rennstrecke, der beste Hot Hatch seiner Zeit. Die Schwächen? Der hohe Preis des Hybrids und die eingeschränkte Kopffreiheit hinten. Aber insgesamt ist der Civic ein extrem starkes Paket, das sich klar positioniert: Entweder extrem vernünftig oder extrem unvernünftig. Beides macht er brillant.




































Ein schönes Auto mit einem tollen direkten Antrieb ohne CVT-Gejaule oder DSG-Gehacke.
Aber ein Auto für die Sonnenstunden: Die Scheinwerfer sind nicht so gut, kein echtes Kurvenlicht, Rückfahrkamera ist sehr wetteranfällig (Regen, Dunkelheit).