Lexus RZ (2026): Der japanische Patient ist aus dem Koma erwacht

Lange Zeit war der Lexus RZ 450e ein Auto, das man gerne mögen wollte, aber nicht konnte. Er sah toll aus, war himmlisch komfortabel, aber an der Ladesäule und bei der Reichweite ein Trauerspiel. Doch Lexus hat nicht aufgegeben. Für das Modelljahr 2026 zünden die Japaner endlich die Stufe 2. Das Wichtigste: Das revolutionäre “One Motion Grip” (Steer-by-Wire) Lenksystem ist endlich lieferbar. Nicht als Beta, sondern fertig. Dazu gibt es ein Update für das Batterie-Management, das das berüchtigte “Coldgate” (langsames Laden im Winter) beheben soll. Ist der RZ damit konkurrenzfähig gegen die 800-Volt-Monster von Audi und Porsche? Oder bleibt er ein wunderschönes Auto für Menschen, die es nicht eilig haben? Ich habe den RZ mit dem “halben Lenkrad” getestet.

Steer-by-Wire: Warum Lexus es besser macht als Tesla

Das “One Motion Grip” System verzichtet auf eine mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Rädern. Ein “Yoke” (eckiges Steuerhorn) ersetzt das runde Volant. Der Lenkwinkel variiert geschwindigkeitsabhängig (max. 150 Grad Einschlag).

Vergessen Sie das Tesla-Yoke. Das war ein Unfall. Das Lexus-System ist eine Offenbarung. Da die Übersetzung variabel ist, müssen Sie nie übergreifen. Beim Einparken reicht eine kleine Drehung aus dem Handgelenk, und die Räder schlagen voll ein. Auf der Autobahn wird die Lenkung ruhig und stabil. Es braucht zehn Minuten Eingewöhnung, dann wollen Sie nie wieder kurbeln. Der Blick auf das Instrumenten-Display ist frei, das Cockpit wirkt luftig. Im Jahr 2026 ist das die beste Lenkung auf dem Markt. Sie filtert Stöße komplett weg, vermittelt aber trotzdem (künstlich generiertes) Feedback. Ein technisches Meisterwerk, das den RZ einzigartig macht.

Reichweite & Laden: Das 71-kWh-Problem

Der Akku bleibt bei 71,4 kWh (brutto). Ein Update des Thermo-Managements sorgt nun für schnellere Ladezeiten bei Kälte. Die WLTP-Reichweite liegt bei ca. 440 km (beim 450e).

Hier müssen wir ehrlich sein. 71 kWh sind in dieser Klasse (4,80 Meter SUV) zu wenig. Ein Audi Q6 e-tron hat fast 100 kWh. Der Lexus kommt real auf der Autobahn 300 bis 330 Kilometer weit. Das ist okay für den Alltag, aber knapp für den Urlaub. Immerhin: Das Update wirkt. An der Ladesäule zieht der RZ nun auch bei 5 Grad Außentemperatur zuverlässig seine 150 kW Peak und hält sie länger. Die Ladezeit von 10-80% sinkt auf stabile 30 Minuten. Das ist nicht rekordverdächtig, aber verlässlich. Lexus positioniert den RZ nicht als Langstrecken-Express, sondern als luxuriöses Pendler-Shuttle. Wer das akzeptiert, wird glücklich.

RZ 300e: Der Geheimtipp für Sparfüchse

Neben dem Allradler (450e) gibt es den Fronttriebler RZ 300e mit 150 kW (204 PS). Er ist leichter und kommt weiter (ca. 480 km WLTP).

Wenn Sie nicht in den Alpen wohnen: Nehmen Sie diesen! Der RZ 300e fühlt sich leichtfüßiger an. Da der schwere Heckmotor fehlt, lenkt er williger ein. Die 204 PS reichen völlig aus, um entspannt zu gleiten. Und das ist die Paradedisziplin dieses Autos. Kein anderes Elektro-SUV federt so sensibel an wie der Lexus. Es ist “Omotenashi” (Gastfreundschaft) in Stahl und Leder. Zudem ist der 300e deutlich günstiger und drückt den Preis in Regionen, wo er gegen einen voll ausgestatteten VW ID.4 konkurriert – und den schlägt er bei der Qualität um Längen.

Innenraum: Wärmestrahler statt Gebläse

Ein Highlight bleibt die “Radiant Heating” (Infrarot-Heizung) im Kniebereich für Fahrer und Beifahrer.

Im Winter 2025/26 habe ich dieses Feature lieben gelernt. Statt trockener Heizungsluft, die einem ins Gesicht bläst, spürt man sofortige Wärme an den Beinen, wie vor einem Kamin. Das spart Energie und ist unfassbar gemütlich. Der Innenraum ist typisch Lexus: Perfekte Verarbeitung, hochwertige Materialien (Ultrasuede), aber ein Infotainment, das zwar groß ist (14 Zoll), aber grafisch nicht ganz mit BMW mithalten kann. Dafür gibt es echte Drehregler für die Temperatur. Danke!

Preis-Check: Premium zum Discount?

Da der RZ startschwierigkeiten hatte, sind die Leasingraten und Rabatte Ende 2025 attraktiv. Ein RZ 450e ist oft günstiger zu leasen als ein vergleichbarer Audi Q4 e-tron.

Das ist Ihre Chance. Der Markt straft die geringe Reichweite ab. Wenn Sie aber ein Haus mit Wallbox haben und selten mehr als 300 km am Stück fahren, bekommen Sie hier ein Auto, das sich nach 100.000 Euro anfühlt (Geräuschdämmung, Fahrwerk), aber real für 55.000 bis 65.000 Euro (oder günstige Leasingraten) zu haben ist. Der RZ ist das “Smart Money” im Luxus-Segment.

Der Komfort-Vergleich

Feature
Lexus RZ 450e (2026)
Audi Q6 e-tron
Genesis GV60
Lenkung
Steer-by-Wire (Yoke)
Klassisch
Klassisch
Akku (Brutto)
71,4 kWh
100 kWh
77,4 kWh
Reichweite (Real)
ca. 320 km
ca. 480 km
ca. 380 km
Laden (10-80%)
30 Min (400V)
21 Min (800V)
18 Min (800V)
Komfort
Sänfte (Referenz)
Sportlich-Straff
Ausgewogen
Heizung
Infrarot-Strahler
Wärmepumpe
Wärmepumpe
Preis (Real)
ca. 60.000 €
ca. 80.000 €
ca. 65.000 €

Fazit: Das Missverständnis

Der Lexus RZ (2026) wird oft falsch verstanden. Er will kein Tesla-Killer sein. Er will kein Reichweiten-König sein. Er ist eine Wellness-Oase. Mit der neuen Steer-by-Wire-Lenkung ist er das am einfachsten zu fahrende Auto der Welt. Er entkoppelt Sie vom Stress. Wenn Ihr Fahrprofil zum Akku passt, ist der RZ das entspannendste Auto, das Sie kaufen können. Es ist kein Auto für Excel-Tabellen-Vergleicher, sondern für Genießer.

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Author: Alex Wind
Alex Wind ist Gründer von HH-AUTO und Chefredakteur des Mediennetzwerks. Als studierter Fahrzeugtechniker (FH Esslingen) mit über 10 Jahren Erfahrung in der Automobilindustrie (u.a. Qualitätssicherung) und Mitglied im Verband der Automobiljournalisten (VDAJ), legt er den Fokus auf fundierte Testberichte, technische Analysen und Import-Checks.

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