Man sagt, man bekommt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck. McLaren hat dieses Sprichwort mit dem Artura Coupé auf die harte Tour gelernt. Software-Probleme, Rückrufe, Lieferverzögerungen – der Start war, gelinde gesagt, holprig. Doch wir schreiben Ende 2025. Der McLaren Artura Spider steht als Modelljahr 2026 vor mir. Er ist nicht einfach nur ein Artura ohne Dach. Er ist das Ergebnis einer schonungslosen Fehleranalyse in Woking. Mit 700 PS (ja, 20 PS mehr als früher), überarbeiteten Motorlagern und einem neuen Auspuffsystem will er beweisen, dass er nicht nur der “billigere Ferrari 296” ist, sondern der puristischere Supersportwagen. Ich habe den offenen Briten bei nasskaltem Novemberwetter getestet – die ultimative Härteprüfung für Traktion und Dachmechanik.
Das Update 2026: Mehr als nur Kosmetik
Während das ursprüngliche Coupé noch mit 680 PS startete, liefert der Spider (und das MJ 2026 Coupé) nun 515 kW (700 PS). Das Drehmoment des E-Motors bleibt bei 225 Nm, aber die Leistungsentfaltung wurde harmonisiert. Neu für 2026 sind erweiterte “MSO” (McLaren Special Operations) Lackierungen und eine serienmäßige “Track Record” Plakette, die an die Rennhistorie erinnert.
Lassen Sie uns Tacheles reden: Die 20 PS mehr merken Sie nicht. Was Sie merken, ist das Getriebe. McLaren hat die Schaltzeiten der 8-Gang-Box um 25 % verkürzt. Und das spürt man. Im “Track”-Modus peitscht der Artura die Gänge jetzt so aggressiv durch, dass es fast schon an die brutale Mechanik des alten 675LT erinnert. Aber das wichtigste Update sieht man nicht: Die Zuverlässigkeit. Unser Testwagen lief zwei Wochen ohne eine einzige Fehlermeldung. Kein schwarzer Bildschirm, kein “Limp Mode”. Es scheint, als hätte McLaren die Elektronik-Gremlins endlich exorziert. Für einen britischen Supersportwagen ist das Ende 2025 die eigentliche Sensation.
Der Klang-Faktor: V6 vs. V8-Wehmut
Der 3.0-Liter-V6-Biturbo (120 Grad Zylinderwinkel) dreht bis 8.500 U/min. Für den Spider wurde die Abgasanlage überarbeitet (“Crescendo”-Sounddesign), um den Klang bei offenem Dach direkter in den Innenraum zu leiten.
Ein V6 in einem McLaren. Viele Puristen rümpfen immer noch die Nase. “Klingt wie ein Staubsauger”, unken die V8-Fans. Blödsinn. Ja, er hat nicht das tiefrequente Grollen des alten 720S. Aber der neue Auspuff des 2026er Modells schreit oben raus mit einer metallischen Hysterie, die süchtig macht. Und weil das Dach in 11 Sekunden verschwindet (übrigens das schnellste Verdeck der Klasse), sitzen Sie in der ersten Reihe dieses Konzerts. Das “Spinning Wheel” Feature – Sie können die Reifen im Stand durchdrehen lassen, um sie aufzuwärmen (oder um anzugeben) – ist herrlich kindisch. Aber es zeigt: McLaren hat den Stock aus dem Hintern genommen. Dieser Wagen darf Spaß machen.
Dach & Gewicht: Das physikalische Wunder
Der Artura Spider wiegt trocken nur 1.457 kg. Das sind nur 62 kg mehr als das Coupé. Das Retractable Hard Top (RHT) besteht aus Carbon (oder optional elektrochromem Glas) und öffnet bis 50 km/h.
62 Kilo. Das ist weniger als mein Beifahrer nach dem Mittagessen. Im Fahrbetrieb ist der Unterschied zum Coupé schlicht nicht existent. Das Carbon-Monocoque (MCLA) war von Anfang an so steif ausgelegt, dass der Spider keine zusätzlichen Verstrebungen brauchte. Das ist der Unterschied zwischen einem echten Carbon-Chassis und einem aufgeschnittenen Alurahmen wie beim Audi R8 Spyder. Der Artura Spider fühlt sich leichtfüßig an, fast tänzerisch. Die hydraulische Lenkung (Gott sei Dank hält McLaren daran fest!) erzählt Ihnen genau, welche Münze Sie gerade überfahren haben. Kopf oder Zahl? Sie spüren es. Das ist eine Qualität, die Ferrari mit seinen hyper-direkten, aber gefühllosen Lenkungen langsam verliert.
Preis & Markt: Der “Günstige” unter den Exoten
Der Basispreis in Deutschland liegt bei ca. 273.000 Euro. Mit vernünftiger Ausstattung (TechLux Paket, Liftsystem, Sportauspuff) landen wir realistisch bei 310.000 bis 320.000 Euro. Ein vergleichbarer Ferrari 296 GTS startet erst jenseits der 330.000 Euro und ist real kaum unter 400.000 Euro zu bekommen.
Ist ein 300.000-Euro-Auto ein Schnäppchen? In dieser Welt: Ja. Sie sparen im Vergleich zum Ferrari den Gegenwert eines gut ausgestatteten Porsche Macan. Dafür bekommen Sie ein Auto, das exklusiver wirkt (man sieht weniger davon) und das im Modelljahr 2026 endlich die Reife hat, die der Preis verlangt. Ein Tipp zur Konfiguration: Sparen Sie sich das elektrochrome Glasdach. In Deutschland scheint die Sonne selten genug, da fahren Sie eh offen. Investieren Sie das Geld lieber in die ultra-leichten Schmiederäder. Die reduzieren die ungefederte Masse und machen das Einlenken noch gieriger.
Advokat des Teufels: Warum nicht den Ferrari?
Der Ferrari 296 GTS hat 830 PS (vs. 700 PS beim Artura). Er hat das prestigeträchtigere Badge und den (noch) besseren Wiederverkaufswert.
Seien wir ehrlich. Wenn Sie im Casino vorfahren wollen, nehmen Sie den Ferrari. Aber wenn Sie fahren wollen, wirklich fahren, Sonntagmorgen um 05:00 Uhr auf dem Stilfser Joch – dann ist der Artura Spider 2026 vielleicht das bessere Werkzeug. Er ist weniger nervös. Er überfordert Sie nicht mit 830 PS, die Sie auf der Straße eh nicht nutzen können. Er ist analoger. Der Ferrari ist ein digitales Meisterwerk, der McLaren ist ein mechanischer Freund. Und ja, der Wertverlust beim McLaren wird höher sein. Das ist die “Early Adopter”-Steuer, die man bei den Briten immer noch zahlt. Aber dafür müssen Sie nicht zwei Jahre auf die Auslieferung warten.
Das Duell der Hybrid-Cabrios
Feature | McLaren Artura Spider (2026) | Ferrari 296 GTS |
Leistung | 700 PS (515 kW) | 830 PS (610 kW) |
Motor | 3.0 V6 Biturbo (120°) | 2.9 V6 Biturbo (120°) |
Gewicht (Trocken) | 1.457 kg | 1.540 kg |
0-100 km/h | 3,0 s | 2,9 s |
Dach-Öffnung | 11 s | 14 s |
Lenkung | Hydraulisch (Top!) | Elektrisch |
Preis (Real) | ca. 315.000 € | ca. 390.000 € |
Fazit: Endlich erwachsen
Der McLaren Artura Spider des Modelljahres 2026 ist das Auto, das der Artura von Anfang an hätte sein sollen. Die Kinderkrankheiten scheinen kuriert, die Leistung ist brachial, aber beherrschbar, und das offene Dach gibt dem V6 die Bühne, die er verdient. Er ist der Supersportwagen für Menschen, die Fahrphysik wichtiger finden als Marken-Image. Wenn Sie über den etwas simpleren Innenraum (im Vergleich zu Ferrari) hinwegsehen können, bekommen Sie hier das vielleicht puristischste Fahrerlebnis, das man derzeit mit Stecker kaufen kann. Und das ist 2026 viel wert.


































