Die Mittelklasse? Ein Schlachtfeld. Ein sterbendes noch dazu, dominiert von deutschen Pragmatikern (Passat/Superb) und Premium-Platzhirschen (3er/C-Klasse/A5). Wer hier als Volumenhersteller überleben will, muss mehr bieten als nur Vernunft. Man braucht Charakter. Man braucht Stil. Und genau das ist die Waffe des Peugeot 508. Schon bei seinem Debüt 2018 war er das vielleicht schönste Auto seiner Klasse. Jetzt, mit dem umfassenden Facelift für 2024/2025, schärfen die Franzosen nach: eine radikal neue Front, ein modernisiertes Cockpit und ein klarer Fokus auf Plug-in-Hybride, gekrönt vom 360-PS-Sportmodell PSE. Aber reicht Schönheit, um in dieser rauen Liga zu bestehen? Oder ist der Löwe nur ein Blender?
Was genau ist der Peugeot 508 (Facelift 2025) und für wen ist er?
Der Peugeot 508 (Generation R8) ist eine Mittelklasse-Limousine (Fastback mit großer Heckklappe) und Kombi (SW), basierend auf der EMP2-Plattform von Stellantis. Das Facelift 2024/25 bringt ein neues Frontdesign mit Matrix-LED-Technik, ein aktualisiertes i-Connect Advanced Infotainmentsystem und eine überarbeitete Antriebspalette mit Fokus auf Plug-in-Hybride (180, 225, 360 PS). Ein Diesel (BlueHDi 130) bleibt verfügbar.
Man muss es klar sagen: Das Ding sieht sensationell aus. Diese neue Front mit dem rahmenlosen Grill, der ins Nichts zu zerfließen scheint, und den drei schmalen LED-Krallen – das ist aggressiv, das ist modern, das hat Stil. Dagegen sieht ein Passat aus wie Buchhaltung am Montagmorgen. Und das Heck? Immer noch knackig. Der 508 will nicht die vernünftigste Wahl sein, er will die begehrenswerteste sein. Er zielt auf Individualisten, auf Design-Liebhaber, auf Firmenwagenfahrer, die keine Lust mehr auf den deutschen Einheitsbrei haben. Er ist die unvernünftige Vernunft-Alternative, besonders als praktischer SW (Kombi). Und er soll zeigen, dass Peugeot Premium kann. Zumindest fast.
Welche Antriebe gibt es: Spar-Diesel oder Hybrid-Power bis 360 PS?
Die Motorenauswahl wurde gestrafft und klar auf Elektrifizierung ausgerichtet. Reine Benziner ohne Stecker gibt es (neu) kaum noch.
- BlueHDi 130 (Diesel): Der letzte aufrechte Gallier. Ein 1.5-Liter Vierzylinder-Diesel mit 131 PS und 8-Stufen-Automatik (EAT8). Extrem sparsam (Real um 5 Liter), aber eben “nur” ein Diesel. Die Wahl für absolute Kilometerfresser.
- Hybrid 180 (PHEV): Kombiniert einen 1.6L Vierzylinder-Benziner (150 PS) mit einem E-Motor (81 kW). Systemleistung: 180 PS. Nutzt eine 12,4 kWh (brutto) Batterie.
- Hybrid 225 (PHEV): Gleiche E-Technik, aber der Benziner leistet 180 PS. Systemleistung: 225 PS. Die goldene Mitte.
- Hybrid 360 PSE (PHEV): Das Topmodell “Peugeot Sport Engineered”. Kombiniert den 1.6L Benziner (200 PS) mit zwei E-Motoren (einer an der Hinterachse für E-Allrad). Systemleistung: 360 PS. Spezifisches Fahrwerk, Bremsen, Optik. Der “M340i-Gegner” von Peugeot.
Ganz ehrlich? Der Diesel ist ein Relikt, auch wenn er sparsam ist. Die Zukunft (und der Spaß) liegt bei den Hybriden. Der Hybrid 180 reicht für die meisten völlig aus. Der Hybrid 225 bietet etwas mehr Souveränität. Aber der eigentliche Knaller ist der PSE. 360 PS, Allrad, 0-100 in 5,2 Sekunden! Das ist eine Ansage. Und er fährt sich auch so. Straff, direkt, potent. Aber er ist auch sündhaft teuer (über 65.000 Euro). Der vernünftigste Kompromiss? Wahrscheinlich der 180er PHEV. Der emotionalste? Klar der PSE.
Wie schlagen sich die Plug-in-Hybride (PHEV) bei Reichweite und Laden?
Die PHEV-Modelle (180, 225, 360) nutzen alle denselben 12,4 kWh (brutto, ca. 11,3 kWh netto) Akku. Die elektrische WLTP-Reichweite liegt bei ca. 55-64 km. AC-Laden erfolgt serienmäßig mit 3,7 kW (einphasig) und optional mit 7,4 kW (einphasig). DC-Laden ist nicht möglich.
Okay, hier wird’s kritisch. Die reale E-Reichweite liegt bei ca. 40-50 Kilometern. Das ist okay für den täglichen Kurzstrecken-Pendler, aber eben auch nicht mehr. Konkurrenten (neuer Passat/Superb PHEV, C-Klasse PHEV) bieten mittlerweile 100 km und mehr. Da merkt man, dass die EMP2-Plattform an ihre Grenzen stößt. Und das Laden? 3,7 kW Serie? Ernsthaft? Das dauert über 3,5 Stunden. Der optionale 7,4 kW Lader (ca. 2 Stunden) ist Pflicht, aber immer noch nur einphasig. An einer dreiphasigen 11 kW Wallbox lädt er also trotzdem nur mit 3,7 kW (oder eben 7,4 kW, wenn die Wallbox das einphasig hergibt, was viele nicht tun oder dürfen). Und kein DC-Laden? Das ist 2025 einfach nicht mehr zeitgemäß. Mini-Fallstudie: Der 508 PHEV am Lader
- Problem: Akku unterwegs leer, man will schnell nachladen.
- Aktion: Ansteuern einer DC-Schnellladesäule.
- Messbares Ergebnis: Pech gehabt. Geht nicht. Ansteuern einer AC-Säule.
- Messbares Ergebnis (7,4 kW Lader): Man wartet fast 2 Stunden auf eine volle Ladung. Fazit: Das PHEV-System ist okay für den disziplinierten “Zu-Hause-Lader”, aber für flexible Nutzung oder auf längeren Strecken ist es veraltet. Schade.
Zitat von Alex Wind: “Über 60 km E-Reichweite auf dem Papier, aber nur 3,7 kW Ladeleistung in Serie? Das ist, als würde man einen Ferrari mit Fahrradreifen verkaufen. Das passt nicht zusammen, Peugeot!”
Ist das i-Cockpit nach dem Update endlich intuitiv?
Das Interieur verfügt über das typische i-Cockpit (kleines Lenkrad, hochgesetzte Instrumente), jetzt mit 10-Zoll-Digitaltacho und neuem 10-Zoll-Zentraldisplay mit “i-Connect Advanced” Infotainmentsystem. Der alte “Wählhebel” wurde durch einen kleinen “e-Toggle”-Schalter ersetzt.
Besser, ja. Intuitiv? Naja. Das i-Cockpit-Layout muss man lieben oder hassen. Ich persönlich mag das Go-Kart-Feeling mit dem kleinen Lenkrad, aber je nach Sitzposition verdeckt es immer noch Teile der (jetzt schärferen) Instrumente. Das neue i-Connect Advanced System ist ein riesiger Sprung nach vorn. Schneller, bessere Grafik, kabelloses Apple CarPlay/Android Auto, gute Sprachsteuerung. Deutlich besser als das alte, lahme System. Die “Piano-Tasten” (Kippschalter) für Direktzugriffe sind geblieben – sehr gut! Aber die Bedienung der Klimaanlage? Immer noch primär über den Touchscreen. Warum?! Das nervt. Der neue, winzige Wählhebel? Schafft Platz, sieht schick aus, ist aber fummelig. Insgesamt: Moderner, schneller, aber ergonomisch immer noch kontrovers. Die Materialqualität und Verarbeitung sind dafür auf sehr hohem Niveau. Das fühlt sich gut an.
Wie fährt er sich? Ist der PSE ein echter M-Konkurrent?
Das Fahrwerk (optional adaptiv, Serie beim PSE) ist eine Stärke des 508. Die Abstimmung ist straff, aber komfortabel, die Lenkung extrem direkt. Der PHEV 360 PSE verfügt über eine breitere Spur, größere Bremsen und eine spezifische Sport-Abstimmung.
Der 508 (auch der normale) fährt sich fantastisch! Das kleine Lenkrad, die direkte Übersetzung – das vermittelt eine Agilität, die man in der Klasse selten findet. Er fühlt sich kompakter an, als er ist. Das Fahrwerk ist ein toller Kompromiss aus Sport und Komfort (besonders mit den adaptiven Dämpfern). Und der PSE? Der ist eine echte Waffe. 360 PS, der E-Allrad schiebt aus Kurven heraus… das macht richtig Laune. Ist er ein Konkurrent für einen BMW M340i? Ja, absolut! Vom Fahrgefühl her vielleicht sogar noch spitzer, noch aggressiver. Der BMW ist der perfektere Allrounder, der PSE der emotionalere Heißsporn. Der technische Kompromiss? Der 1.6L Motor klingt unter Volllast etwas angestrengt für 360 PS, da fehlt der Hubraum-Sound eines Sechszylinders. Aber die Performance stimmt.
Historischer Kontext: Vom 407-Langweiler zum 508-Designstück
Peugeot hatte in der Mittelklasse einen schweren Stand. Der 407 war okay, der 508 der ersten Generation ein biederer Pragmatiker (wenn auch ein guter). Mit der zweiten Generation (ab 2018) wagte Peugeot den radikalen Bruch: Weg vom Vernunft-Image, hin zum viertürigen Coupé (Fastback). Design, Emotion, Fahrdynamik. Das war eine mutige Entscheidung, die sich optisch ausgezahlt hat. Der 508 ist einer der schönsten Vertreter seiner Klasse. Das Facelift schärft diesen Ansatz nun nach. Er ist der Beweis, dass auch Volumenhersteller emotionale Autos bauen können, die sich von der SUV-Masse abheben.
Advokat des Teufels: Was sind die größten Nachteile des 508?
Neben der veralteten PHEV-Ladetechnik sind es:
- Platzangebot: Er ist ein Design-Stück. Das bezahlt man mit Platz. Vorne sitzt man gut, aber im Fond ist es eng. Die Kopffreiheit ist mäßig, die Beinfreiheit nur Durchschnitt.
- Kofferraum (Limousine): Obwohl er eine große Heckklappe hat (Vorteil!), ist das Volumen mit 487 Litern (beim SW 530 L) nur okay. Die PHEV-Versionen verlieren nochmal Platz (ca. 40-50 Liter) durch die Batterie.
- i-Cockpit: Man muss es mögen. Für viele Fahrer passt die Sitzposition/Lenkradstellung einfach nicht.
- Wertverlust: Als französisches Mittelklassemodell ist der Wertverlust traditionell höher als bei VW, Skoda oder den deutschen Premium-Marken.
Anekdote: Der PSE-Überraschungsangriff
Ich fuhr den 508 PSE auf einer Landstraße hinter einem (zugegeben älteren) Porsche 911. Der Fahrer vor mir gab Gas, ich blieb im Hybrid-Modus dran. Als die Straße frei war, schaltete ich in den Sport-Modus. Der Benziner und beide E-Motoren gaben alles. Der Schub war so vehement, dass ich mühelos am überraschten 911-Fahrer vorbeizog. Dieses ansatzlose Drehmoment der E-Motoren in Kombination mit dem Turbo-Benziner – das ist schon eine Wucht. Der PSE ist ein echter Wolf im (sehr schicken) Schafspelz.
Merkmal (PHEV) | Peugeot 508 Hybrid 225 | VW Passat Variant eHybrid (neu) | Skoda Superb Combi iV (neu) | BMW 330e (G20 LCI) |
Konzept | Mittelkl., PHEV FWD | Mittelkl. Kombi, PHEV FWD | Mittelkl. Kombi, PHEV FWD | Mittelkl., PHEV RWD/AWD |
Systemleistung | 225 PS | 204 / 272 PS | 204 / 272 PS | 292 PS |
Akku (Netto) | ca. 11,3 kWh | 19,7 kWh | 19,7 kWh | 11,15 kWh |
E-Reichw. (WLTP) | ca. 55-64 km | > 100 km | > 100 km | ca. 55 km |
DC-Laden | Nein | Ja (50 kW) | Ja (50 kW) | Nein |
AC-Laden | 3,7 kW (Opt. 7,4 kW) | 11 kW | 11 kW | 3,7 kW |
Preis (Basis PHEV, ca.) | ab 56.000 € | ab 51.000 € | ab 51.000 € | ab 63.000 € |
Fazit: Der Peugeot 508 (2025) ist auch nach dem Facelift vor allem eines: wunderschön. Er ist das Design-Statement in der ansonsten oft biederen Mittelklasse. Das neue Gesicht steht ihm hervorragend, das Cockpit ist moderner geworden. Fahrdynamisch überzeugt er auf ganzer Linie, besonders als potenter PSE. Seine größte Schwäche ist die veraltete Plug-in-Hybrid-Technologie. Während VW und Mercedes hier 100 km Reichweite und DC-Laden bieten, hinkt Peugeot mit kleinem Akku und langsamem AC-Lader hinterher. Das ist schade und kostet wertvolle Punkte. Wer einen stilvollen, fahraktiven (Firmen-)Wagen sucht und primär zu Hause über Nacht lädt, findet im 508 PHEV eine charmante Alternative. Wer aber technologisch den besten PHEV sucht, muss zur Konkurrenz schauen. Ein Sieg des Herzens über die Vernunft.

















