Umfassender Test des Range Rover Velar (2025): Design-Ikone nach dem Facelift – Mehr als nur schön?

Er war von Anfang an der Schönling im Range Rover-Portfolio, der Velar. Mit seinem reduzierten Design, den bündigen Türgriffen und der eleganten Silhouette brachte er 2017 frischen Wind ins Premium-SUV-Segment. Doch die Zeit nagte am einst hochmodernen Doppel-Touchscreen-Cockpit. Mit dem umfassenden Facelift für das Modelljahr 2024/2025 vollzieht Land Rover nun einen radikalen Schritt: Fast alle Tasten fliegen raus, ein großer zentraler Bildschirm übernimmt das Kommando. Gleichzeitig wurde der wichtige Plug-in-Hybrid P400e optimiert. Reichen diese Maßnahmen, um die alternde Design-Ikone im harten Wettbewerb relevant zu halten?

Was ist der Range Rover Velar und was ist neu am Facelift 2025?

Der Velar bleibt ein mittelgroßes Luxus-SUV (ca. 4,80 Meter lang), positioniert zwischen dem kompakten Evoque und dem dynamischen Range Rover Sport. Er basiert auf der D7a-Plattform (eine Weiterentwicklung der Jaguar XE/XF-Plattform) und legt seinen Fokus klar auf Design, Stil und Onroad-Komfort, weniger auf extreme Geländegängigkeit (obwohl er mehr kann, als man ihm zutraut). Das Facelift konzentriert sich auf eine Modernisierung der Technik und eine weitere Reduzierung im Design, insbesondere im Innenraum.

Die wichtigsten Neuerungen:

  • Neues Cockpit: Das prägendste Merkmal. Das bisherige “Touch Pro Duo” mit zwei Bildschirmen wird ersetzt durch einen freischwebenden, leicht gebogenen 11,4-Zoll “Pivi Pro”-Touchscreen. Fast alle physischen Schalter für Klima, Fahrmodi etc. sind in diesen Bildschirm integriert. Die Mittelkonsole wirkt dadurch extrem aufgeräumt und minimalistisch.
  • Exterieur-Details: Neue Pixel-LED-Scheinwerfer (optional), modifizierter Kühlergrill und geänderte Heckschürze. Die Grundform bleibt unangetastet.
  • Plug-in-Hybrid (P400e) Update: Die Batteriekapazität wurde auf 19,2 kWh (brutto) erhöht. Das steigert die rein elektrische Reichweite auf bis zu 64 km (WLTP). Neu ist die DC-Schnellladefähigkeit mit bis zu 50 kW.
  • Geräuschkomfort: Optimierte Geräuschdämmung und optionales “Active Road Noise Cancellation”-System.

Er richtet sich weiterhin an designorientierte Käufer, die ein elegantes und komfortables SUV suchen, das aus der Masse heraussticht, und die nun ein nochmals reduzierteres Bedienkonzept vorfinden.

Welche Antriebe gibt es: Effizienter PHEV oder souveräne Mild-Hybride?

Die Antriebspalette wurde gestrafft und konzentriert sich auf Mild-Hybridisierung und den Plug-in-Hybrid.

Mild-Hybride (MHEV):

  • Diesel (D200 / D300): Der 2.0-Liter Vierzylinder-Diesel (D200, 204 PS) bildet den Einstieg. Der 3.0-Liter Reihensechszylinder-Diesel (D300, 300 PS) ist die souveränere Wahl, extrem laufruhig und kraftvoll (650 Nm). Beide mit 48V-System und Allradantrieb. Der D300 ist ideal für Langstreckenfahrer.
  • Benziner (P250 / P400): Der 2.0-Liter Vierzylinder-Turbo (P250, 250 PS) ist die Basis. Der 3.0-Liter Reihensechszylinder-Benziner (P400, 400 PS) mit 48V-System bietet sportliche Fahrleistungen, ist aber deutlich durstiger.

Plug-in-Hybrid (PHEV):

  • P400e: Kombiniert den 2.0-Liter Vierzylinder-Turbobenziner mit einem Elektromotor. Systemleistung: 404 PS und 640 Nm. Bietet nun bis zu 64 km elektrische Reichweite (WLTP) und DC-Ladefähigkeit (50 kW). Die attraktivste Option für Pendler und Firmenwagenberechtigte dank geringer Versteuerung (in DE).

Tipp von Alex Wind: Der P400e ist durch das Update deutlich attraktiver geworden. Die gesteigerte E-Reichweite und die DC-Ladeoption machen ihn sehr alltagstauglich. Wer viel Langstrecke fährt und keinen PHEV möchte, ist mit dem D300 Diesel hervorragend bedient – einer der besten Dieselmotoren auf dem Markt.

Wie schlägt sich der verbesserte Plug-in-Hybrid (P400e) in der Praxis?

Das Update hebt den P400e auf ein konkurrenzfähiges Niveau.

  • Reale E-Reichweite: Die 64 km WLTP übersetzen sich in praxisnahe 50-55 Kilometer rein elektrisch – genug für die meisten täglichen Fahrten.
  • DC-Schnellladen (50 kW): Ein großer Vorteil gegenüber vielen PHEV-Konkurrenten ohne DC-Option. Ermöglicht das Aufladen von 0 auf 80 % in ca. 30 Minuten an entsprechenden Säulen. Das macht den E-Antrieb auch bei längeren Fahrten mit Zwischenstopps nutzbar.
  • AC-Laden: Erfolgt weiterhin mit maximal 7 kW, was eine Vollladung in ca. 2,5 Stunden ermöglicht. Schneller wäre wünschenswert, ist aber im PHEV-Segment noch oft Standard.
  • Performance: Mit 404 PS Systemleistung ist der P400e sehr flott unterwegs (0-100 km/h in 5,4 s). Der Übergang zwischen E- und Benzinbetrieb ist meist sanft, nur der Vierzylinder-Klang unter Volllast passt nicht ganz zum luxuriösen Anspruch.

Mini-Fallstudie: Der Wochenendausflug mit dem P400e

  • Problem: Fahrt ins Grüne (ca. 150 km einfach), Lademöglichkeit am Ziel unsicher.
  • Aktion: Start mit vollem Akku. Die ersten 50-55 km werden elektrisch zurückgelegt. Danach arbeitet der Wagen im Hybrid-Modus. Unterwegs wird bei einer Kaffeepause eine 50 kW DC-Säule genutzt, um in 30 Min. ca. 80% Ladung nachzufüllen.
  • Messbares Ergebnis: Hoher elektrischer Fahranteil, niedriger Gesamtverbrauch. Die DC-Option erhöht die Flexibilität signifikant gegenüber reinen AC-PHEVs.

Revolution im Cockpit: Ist das neue Pivi Pro System Segen oder Fluch?

Das neue Cockpit ist die radikalste Änderung und wird polarisieren. Der freischwebende 11,4-Zoll-Bildschirm sieht elegant aus und das Pivi Pro System ist grafisch ansprechend, schnell und vernetzt (OTA-Updates, kabelloses CarPlay/Android Auto, Alexa).

Der Wegfall fast aller physischer Tasten ist jedoch gewöhnungsbedürftig. Klimatisierung, Sitzheizung/-lüftung, Fahrmodi, Terrain Response – alles läuft über den Touchscreen. Zwar gibt es permanente Shortcut-Leisten am Bildschirmrand, aber die Bedienung erfordert mehr Blickabwendung als zuvor. Insbesondere die Einstellung der Klimaautomatik oder die Wahl des Fahrmodus während der Fahrt kann fummelig sein.

Ist es ein Fortschritt? Optisch ja, ergonomisch fraglich. Wer ein minimalistisches Hightech-Ambiente liebt, wird begeistert sein. Wer intuitive Bedienbarkeit während der Fahrt schätzt, wird die alten Drehregler vermissen. Es ist ein mutiger Schritt, der dem Trend folgt, aber nicht unbedingt die benutzerfreundlichste Lösung darstellt.

Balanceakt: Wie fährt sich der Velar zwischen Komfort und Dynamik?

Der Velar positioniert sich fahrdynamisch geschickt zwischen dem komfortablen Evoque und dem sportlicheren Range Rover Sport oder F-Pace.

  • Fahrwerk: Die optionale adaptive Luftfederung ist sehr empfehlenswert. Sie bietet einen hervorragenden Abrollkomfort und reduziert Wankbewegungen in Kurven. Auch das Standard-Stahlfahrwerk ist gut abgestimmt, aber weniger variabel.
  • Lenkung: Präzise und angenehm gewichtet, aber nicht übermäßig sportlich.
  • Agilität: Für seine Größe fährt sich der Velar erstaunlich handlich, wirkt aber nicht so spitz und agil wie ein Porsche Macan oder Alfa Romeo Stelvio. Der Fokus liegt klar auf souveränem, entspanntem Fahren.
  • Geländegängigkeit: Dank optionalem Terrain Response 2 System und Luftfederung ist er im Gelände kompetenter als sein elegantes Äußeres vermuten lässt, erreicht aber nicht das Niveau eines Defender oder Range Rover Sport mit Untersetzung.

Er ist der perfekte luxuriöse Allrounder mit einer leicht dynamischen Note, aber kein ausgewiesener Sportler.

Historischer Kontext: Die Lücke zwischen Evoque und Sport

Als der Velar 2017 eingeführt wurde, schloss er eine Lücke im Range Rover Portfolio. Der Evoque war der kompakte Lifestyle-Star, der Range Rover Sport der große Dynamiker. Der Velar positionierte sich dazwischen als Design-Avantgardist, der neue Maßstäbe bei der Formensprache und (damals mit Touch Pro Duo) der Innenraumgestaltung setzte. Er sollte eine jüngere, designorientierte Zielgruppe ansprechen, die keinen klassischen Range Rover wollte. Diese Rolle füllt er auch nach dem Facelift weiterhin aus, auch wenn die Konkurrenz (GLC Coupé, X4, Q5 Sportback) aufgeholt hat.

Was ist das stärkste Argument GEGEN den Velar?

Neben der gewöhnungsbedürftigen Bedienung des neuen Cockpits sind es der Preis und das Platzangebot im Fond.

  1. Preis: Der Velar ist teuer. Schon die Basismodelle starten deutlich über 70.000 Euro, der P400e und der D300 knacken schnell die 90.000-Euro-Marke, mit Optionen auch die 100.000 Euro. In dieser Preisliga gibt es viele starke Alternativen.
  2. Platz im Fond: Bedingt durch die abfallende Dachlinie ist die Kopffreiheit im Fond für großgewachsene Passagiere eingeschränkt. Auch das Kofferraumvolumen ist mit 552 Litern (PHEV: 503 Liter) gut, aber nicht riesig für die Fahrzeuggröße. Wer maximale Praktikabilität sucht, ist bei einem BMW X3 oder Mercedes GLC (als klassisches SUV) besser aufgehoben.
  3. Zuverlässigkeit?: Auch wenn die Qualität besser geworden ist, bleibt bei Jaguar Land Rover die Sorge vor potenziellen Elektronik-Problemen und hohen Wartungskosten ein Thema für Gebrauchtkäufer.

Anekdote: Die schwebende Bedienung

Ich saß das erste Mal im Facelift-Velar und war fasziniert vom freischwebenden Pivi Pro Display. Es wirkt wie ein elegantes Tablet, das vor dem Armaturenbrett schwebt. Die Bedienung der Klimaanlage über die permanent eingeblendete Leiste am unteren Bildschirmrand funktionierte nach kurzer Eingewöhnung erstaunlich gut. Man muss zwar hinschauen, aber die Treffsicherheit ist hoch. Es ist ein radikaler Schritt, der zeigt, wohin die Reise bei JLR geht – Reduktion pur.

Die folgende Tabelle zeigt die Positionierung des P400e im Wettbewerbsumfeld:

Merkmal
Range Rover Velar P400e
BMW X3 xDrive30e
Mercedes GLC 300 e 4MATIC Coupé
Porsche Macan (Basis, kein PHEV)
Systemleistung
404 PS
292 PS
313 PS
265 PS
Akku (Netto)
ca. 17,3 kWh (19,2 brutto)
11,15 kWh
23,4 kWh
E-Reichw. (WLTP)
ca. 64 km
ca. 50 km
ca. 120 km
DC-Laden
Ja (50 kW)
Nein
Ja (60 kW)
Design-Fokus
Sehr hoch
Mittel
Hoch
Hoch
Preis (Basis PHEV/Vergleich)
ab ca. 89.000 €
ab 68.000 €
ab 76.000 €
ab 70.000 € (Basis Benziner)

Fazit: Der Range Rover Velar bleibt auch nach dem Facelift 2025 eine der elegantesten Erscheinungen im SUV-Segment. Das radikal minimalistische neue Cockpit ist ein mutiger Schritt, der optisch überzeugt, ergonomisch aber Gewöhnung erfordert. Der verbesserte Plug-in-Hybrid P400e ist dank größerer Reichweite und DC-Ladefähigkeit nun eine sehr attraktive Option. Der Velar punktet weiterhin mit exzellentem Komfort, hochwertigen Materialien und souveränem Fahrverhalten. Wer ein stilvolles Statement sucht und bereit ist, den Premium-Preis zu zahlen (und sich mit dem Touch-Konzept anzufreunden), findet im Velar eine faszinierende Alternative zu den deutschen Platzhirschen. Er ist mehr als nur schön – er ist ein technologisch verfeinerter Luxus-Cruiser mit Charakter.

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Author: Alex Wind
Alex Wind ist Gründer von HH-AUTO und Chefredakteur des Mediennetzwerks. Als studierter Fahrzeugtechniker (FH Esslingen) mit über 10 Jahren Erfahrung in der Automobilindustrie (u.a. Qualitätssicherung) und Mitglied im Verband der Automobiljournalisten (VDAJ), legt er den Fokus auf fundierte Testberichte, technische Analysen und Import-Checks.

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