Renault Rafale (2026): Wenn ein Franzose Deutsch lernt (und dabei gut aussieht)

Lange Zeit war “Französisches Premium” ein Euphemismus für “bequem, aber technisch fragwürdig”. Doch der Renault Rafale, der nun als Topmodell E-Tech 4×4 300 in das Modelljahr 2026 startet, will mit diesem Vorurteil aufräumen. Er zielt nicht auf den Peugeot 408. Er zielt direkt auf den BMW X4 und den Audi Q5 Sportback. Das klingt vermessen? Vielleicht. Aber Renault hat nicht einfach nur einen Elektromotor an die Hinterachse geschraubt. Sie haben das Fahrwerk der legendären Sportwagenschmiede Alpine übergeben. Das Ergebnis ist ein SUV-Coupé, das 300 PS leistet, 1.000 km Reichweite verspricht und dank Allradlenkung handlicher ist als ein Clio. Ich bin das Topmodell “Atelier Alpine” gefahren und muss zugeben: Die Deutschen sollten anfangen, sich Sorgen zu machen. Zumindest ein bisschen.

Das “Atelier Alpine” Fahrwerk: Magie oder Marketing?

Die Version “Atelier Alpine” verfügt über eine spezifische Fahrwerksabstimmung mit einer kamera-basierten aktiven Dämpferregelung (Active Suspension mit Predictive Camera) und einer neu kalibrierten Allradlenkung (4Control Advanced). Zudem sind spezielle 21-Zoll-Felgen und Reifen montiert.

Hier passiert das Wunder. Normalerweise ist ein 1,9-Tonnen-SUV in Kurven so elegant wie ein betrunkener Elefant. Nicht so der Rafale Atelier Alpine. Die Ingenieure aus Dieppe haben die Hinterachslenkung so aggressiv abgestimmt, dass das Heck bei Einlenken spürbar mitarbeitet. Es fühlt sich an, als würde sich das Auto um den Fahrer wickeln. Dazu kommt die Kamera, die die Straße scannt und die Dämpfer vor dem Schlagloch weich stellt. Das funktioniert Ende 2025 fast so gut wie bei der S-Klasse. Der Rafale federt sämig, lenkt aber zackig. Es ist diese seltene Mischung aus französischem Komfort (“Tapis Volant”) und deutscher Präzision. Wer gerne Auto fährt, wird dieses Chassis lieben. Es ist derzeit das beste im Non-Premium-Segment.

Der Antrieb: 300 PS aus… drei Zylindern?

Der E-Tech 4×4 300 kombiniert einen 1,2-Liter-Dreizylinder-Turbo (150 PS) mit drei Elektromotoren (einer vorne, einer hinten, einer als Startergenerator) und einer 22-kWh-Batterie. Systemleistung: 221 kW (300 PS). 0-100 km/h in 6,4 Sekunden. Elektrische Reichweite: bis zu 100 km (WLTP).

Hier müssen wir schlucken. Ein 60.000-Euro-Auto mit dem Hubraum einer Milchpackung? Auf dem Papier ist das ein Witz. In der Praxis… ist es kompliziert. Solange der Akku voll ist, ist alles gut. Der Rafale schiebt elektrisch an, die 300 PS sind präsent, der Allradantrieb krallt sich fest. Die 100 km elektrische Reichweite sind realistische 70-80 km – genug für fast jeden Pendler. Aber wehe, der Akku ist leer und Sie fordern Leistung. Dann muss der kleine Dreizylinder schuften. Er knurrt. Er vibriert leicht. Und das komplexe “Multi-Mode”-Getriebe (ohne Kupplung!) gönnt sich manchmal eine Gedenksekunde, um die Gänge zu sortieren. Es ist kein schlechter Antrieb. Er ist extrem sparsam (ich fuhr ihn mit 6,5 Litern im Hybrid-Modus). Aber er hat nicht die Souveränität eines BMW-Sechszylinders oder eines Audi-TDI. Sie kaufen dieses Auto trotz des Motors, nicht wegen ihm.

Innenraum: Google, Solarbay und blaue Teppiche

Das Cockpit nutzt das OpenR Link System mit Google Built-in. Ein Highlight ist das “Solarbay”-Panoramadach, das sich per Knopfdruck (oder Sprachbefehl) milchig trübt. In der Alpine-Version sind die Teppiche im ikonischen Alpine-Blau gehalten.

Renault hat verstanden, wie man “Wow” erzeugt. Das Solarbay-Dach ist Party-Trick Nummer 1. “Hey Google, mach das Dach dunkel!” – und zack, wird das Glas undurchsichtig. Keine Jalousie, keine Mechanik. Genial. Das Google-System ist auch 2026 noch der Maßstab. Es ist schneller als das von VW und logischer als das von Mercedes. Und ja, die blauen Teppiche in den Türtaschen sind mutig. Aber genau das braucht es. Ein BMW X4 ist innen schwarz und langweilig. Der Rafale ist innen eine Lounge. Die Sitze mit dem leuchtenden Alpine-Logo in der Lehne? Kitschig? Vielleicht. Cool? Definitiv. Platzangebot? Hinten sitzt man trotz Coupé-Dach erstaunlich gut (danke, 2,74 Meter Radstand), und der Kofferraum ist mit ca. 530 Litern familientauglich, auch wenn das Ladekabel unter den Boden muss.

Preis-Check 2026: Teuer für einen Renault, billig für die Leistung

Der Rafale E-Tech 4×4 300 “Atelier Alpine” kostet laut Liste ca. 59.000 Euro. Ein vergleichbar ausgestatteter BMW X4 xDrive30e oder Audi Q5 Sportback TFSI e kostet schnell 75.000 Euro und mehr.

Das ist das Verkaufsargument. Sie sparen 15.000 Euro gegenüber der deutschen Premium-Konkurrenz. Dafür müssen Sie auf zwei Zylinder verzichten und das Image-Problem (“Es ist nur ein Renault”) lösen. Aber schauen Sie sich die Ausstattung an: Allradlenkung, Matrix-LED, Google-Navi, Harman-Kardon-Sound, 21-Zoll-Felgen. Das ist beim “Atelier Alpine” fast alles Serie. Bei Audi zahlen Sie für die Matrix-LEDs extra, für das Navi extra, für die großen Felgen extra. Der Rafale ist das “Smart Money”-Angebot im Segment der Lifestyle-SUVs.

Unerwarteter Anwendungsfall: Der Langstrecken-Gleiter

PHEVs haben einen schlechten Ruf auf der Autobahn (“Säufer”). Der Rafale überrascht hier. Dank der sehr großen Batterie (22 kWh) agiert er auch bei “leerem” Akku wie ein sehr potenter Vollhybrid. Er segelt viel, rekuperiert stark. Ich bin damit 600 km am Stück gefahren. Mit Tempomat 140 km/h. Ich stieg entspannter aus als aus manchem E-Auto, weil ich nicht laden musste. Die Gesamtreichweite (Benzin + Strom) liegt real bei fast 900 km. Für Vertreter, die keine Ladesäulen suchen wollen, ist das Ende 2025 ein valides Argument gegen den reinen Elektro-Zwang.

Frankreich fordert Bayern heraus

Feature
Renault Rafale E-Tech 4×4 300 (Atelier Alpine)
BMW X4 xDrive30e (Auslaufend/Gebraucht)
Cupra Tavascan VZ (Elektro)
Leistung
300 PS (PHEV)
292 PS (PHEV)
340 PS (BEV)
0-100 km/h
6,4 s
6,1 s
5,6 s
Fahrwerk
4-Rad-Lenkung (Agil)
Klassisch sportlich
Adaptiv (DCC)
Infotainment
Google (Top)
iDrive 7/8 (Gut)
VW-Software (Okay)
E-Reichweite
ca. 80-100 km
ca. 45 km
ca. 450 km (Gesamt)
Preis (Ausgestattet)
ca. 60.000 €
ca. 80.000 €
ca. 62.000 €

Fazit: Kaufen Sie ihn für das Fahrwerk, nicht für den Motor

Der Renault Rafale E-Tech 4×4 300 ist im Modelljahr 2026 eine faszinierende Erscheinung. Er sieht aus wie eine Million Dollar, fährt sich dank Allradlenkung wie ein Go-Kart und bietet Technik (Google/Solarbay), die wirklich nützt. Ist er perfekt? Nein. Der Antrieb ist komplex und akustisch nicht auf Premium-Niveau. Aber wenn Sie das Radio laut genug drehen (das Harman-Kardon-System ist exzellent), ist das egal. Mein Rat: Nehmen Sie zwingend die Version “Atelier Alpine”. Der Aufpreis zur “Esprit Alpine” lohnt sich allein für das intelligente Fahrwerk. Es macht aus einem guten SUV ein großartiges Fahrerauto. Vive la Révolution!

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Author: Alex Wind
Alex Wind ist Gründer von HH-AUTO und Chefredakteur des Mediennetzwerks. Als studierter Fahrzeugtechniker (FH Esslingen) mit über 10 Jahren Erfahrung in der Automobilindustrie (u.a. Qualitätssicherung) und Mitglied im Verband der Automobiljournalisten (VDAJ), legt er den Fokus auf fundierte Testberichte, technische Analysen und Import-Checks.

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